Hope Daugherty als Julia und Nicola Stada als Romeo © Foto: Sylvain Guillot, Saarländisches Staatstheater
Ein rauschender Erfolg – Stijn Celis choreografiert „Romeo und Julia“
Der Chef der Tanzsparte des Saarländischen Staatstheaters, Stijn Celis, knüpft an frühere Produktionen des Handlungsballetts an und präsentiert jetzt „Romeo und Julia“ nach der Musik von Sergej Prokofiew und dem Drama von William Shakespeare. Allerdings nicht im Stil des klassischen Balletts, sondern in moderner erzählerischer Formensprache.
Das Saarbrücker Tanzensemble zeigt seine gewohnt brillante Form mit makellosen Tanzfiguren. Was die Handlung betrifft, so hält es sich an die klassische Vorlage von William Shakespeare. Es beginnt mit einem fröhlich-beschwingten Treffen des Veroneser Adels auf dem Marktplatz, in anmutigen Kostümen, die die Modeschöpferin Laura Theiss geschaffen hat. Diese mögen zwar an die historische Renaissance-Zeit erinnern, in Farben und Formen aber sind sie zeitlos modern. Laura Theiss hat die große Herausforderung einer Vielzahl von unterschiedlichsten Kostümen, von den Festkleidern des Ensembles über die individuell charakterisierenden Kostüme der Solisten bis hin zu Harlekinfiguren und den Trachten von Stadtoberhaupt und Priester glänzend gemeistert. Eine vortreffliche Leistung der international renommierten Modeschöpferin.
Das fröhliche Treffen endet jäh, wenn die beiden verfeindeten Familien Capulet und Montague auftauchen und Waffen kreuzend aufeinandertreffen. Sie lassen nur unwillig von der Rauferei mit scharfen Klingen ab, als der Herrscher von Verona (souverän dargestellt von Klaus Kieser) Frieden gebietet. Die Geschichte nimmt ihren nach Shakespeare bekannten Lauf und endet tragisch mit dem Tod des Liebespaars Romeo und Julia, jeweils Sprosse der verfeindeten Familien.
Das Tanzensemble präsentiert sich in gewohnt brillanter Form und setzt die Rahmenhandlung glanzvoll in Szene, bestens im Einklang mit der wunderbaren Melodik von Sergej Prokofiew, die das Staatsorchester unter der souveränen Stabführung von Justus Thorau feinfühlig aus dem Graben zaubert, in der Tonführung, auch bei kleinen Soloeinlagen, durchweg stimmig und präzise bis ins kleinste Detail. Ein musikalischer Leckerbissen.
Auch die Solisten überzeugen, allen voran die zauberhafte Hope Daugherty, die die in tragischer Liebe zu Romeo endende Julia bestechend genial verkörpert, ihr Lieben, Leiden und Bangen in dieser von der Familienfehde zwischen den Capulets und den Montagues vergifteten Atmosphäre einfühlsam zum Ausdruck bringt, muss sie doch auch noch den Konflikt mit ihren Eltern verkraften, die sie in eine ungewünschte Vermählung mit Paris drängen wollen. Eine tänzerische Höchstleistung. Ähnlich überzeugend agiert Nicola Strada als Romeo, der Julia auf einem Maskenball der Familie Capulet kennenlernt. Es ist Liebe auf den ersten Blick, rührend und einfühlsam nähern sich die beiden einander und finden noch am selben Tag ihr inniges Glück in einer gemeinsamen Liebesnacht.
Am nächsten Tag sucht der hoffärtige und rachsüchtige Tybalt aus dem Capulet-Clan (bestens und treffend dargestellt von Shawn Throop) Romeo und wirft ihm den Fehdehandschuh an die Brust. Als Romeo den Kampf ablehnt, greift sein Freund Mercutio, der sich durch Anmut, Grazie und Esprit auszeichnet, statt seiner zur Waffe und wird im Kampf tödlich verwundet – und sogleich von Romeo im Zorn gerecht, in dem er Thybalt ersticht.
Auch Paris (Federico Moiana) als von Julia verschmähter Ehemann, Romeos weiterer Freund Benvolio (Hyu Shimizu), Pater Lorenzo (Nobel Lakaev), der dem Liebespaar den Segen erteilt und Julia das Schlafmittel überreicht, mit dem sie ihren Tod vortäuscht, sowie die gräflichen Paare Capulet (Claudio Schellino und Melanie Lambrou) und Montague (Peter Baltes und Sydney Ramsey) werden ihren Rollen in exzellenter Darbietung gerecht.
Die insgesamt hervorragend gelungene Choreografie von Stijn Celis für dieses Handlungsballett könnte man als moderne Klassik bezeichnen, was auch für das Bühnenbild von Sebastian Hannak gilt, der mit seiner die Renaissance evozierenden Architektur halbrunder Bögen und einer Freitreppe dem Tanzspiel einen passenden Rahmen verschafft, geradezu ideal für die Auftritte und Abgänge der ProtagonistInnen. Auch die für die Dramatik so wichtige Lichtführung (Christian Kass) ist bestens gelungen.
Lang anhaltender, kräftiger Beifall für einen wunderbaren Theaterabend.
Kurt Bohr