Katharina Deimel befreit die Leinwand von altem Schmutz.
© Historisches Museum Saar, Thomas Roessler
(red.)
Aufgebockt auf einer Werkbank liegt Anton von Werners „Fürst Bismarck“ (1880). Anfangs war die Leinwand auf eine Holzplatte gespannt und eine dünne Schicht Japanpapier verdeckte weite Teile des Ganzkörper-Portraits. Sie hielt das 140 Jahre alte Ölgemälde provisorisch zusammen. Mittlerweile hat Expertin Katharina Deimel die ausgerissenen Ränder stabilisiert, die Papierschichten gelöst sowie Vorder- und Rückseite von alten Schmutzschichten befreit. Als nächstes wir die Leinwand auf einen neuen Keilrahmen gespannt, bevor es mit der Detailarbeit weitergeht.
Die kommende Sonderausstellung „Monumente des Krieges“ im Historischen Museum Saar steht schon in den Startlöchern. Sobald die Museen wieder geöffnet sind, werden dort die sieben Gemälde des Alt-Saarbrücker Rathauszyklus zu sehen sein. Zwei Gemälde des Zyklus werden in einer einzigartigen Live-Restaurierung in den Räumen des Museums wiederhergerichtet. Die öffentlich zugängliche Restaurierungswerkstatt befindet sich unterhalb der großen Freitreppe im Untergeschoss des Museumsbaus und veranschaulicht die einzelnen Schritte der Restaurierungsarbeit, die den Blicken der Museumsbesucherinnen und -besucher normalerweise verborgen bleiben. Sie können der Diplom- Restauratorin Katharina Deimel während der Arbeit über die Schulter schauen und Fragen stellen. Zudem werden an einer Tafel die einzelnen Schritte der Restaurierung beschrieben und mit entsprechenden Fotos bebildert. Neben der Besichtigung vor Ort kann man den Fortschritt der Restaurierungsarbeiten jederzeit auch von zu Hause aus über eine Webcam live mitverfolgen. In regelmäßigen Abständen sendet sie Fotoaufnahmen an die Startseite der Museumshomepage www.historisches-museum.org. „Die Übertragung im Internet steht für einen partizipativen Ansatz, der es auch den Menschen, die das Museum nicht real besuchen können, ermöglicht, eines der spannendsten Kapitel der Museumsarbeit kennenzulernen: die Bewahrung und Erhaltung von Kulturgut“, erklärt Museumsdirektor Simon Matzerath.
Ende März sollen die Arbeiten an „Fürst Bismarck“ beendet sein, sodass er seinen Platz innerhalb des Alt-Saarbrücker Rathauszyklus wieder einnimmt. Dieser wird mit seiner enormen Gesamtbildfläche von über 55 m2 mit Wiedereröffnung der Museen in der neuen Sonderausstellung des Historischen Museums Saar präsentiert. Erst danach hält das größte Gemälde des Zyklus „Ankunft König Wilhelms I. in Saarbrücken“ (1880), mit einer Breite von über fünf Metern, Einzug in die Werkstatt. Weitaus stärker beschädigt, mit zwei großen Löchern in der Leinwand, steht es im Zentrum der Restaurierungsstation und des Vermittlungskonzepts. Anhand einer erhaltenen Schwarz-Weiß-Fotografie des Originalgemäldes werden die dort abgebildeten Personen identifiziert und deren Bedeutung im Bild erklärt. Vergleichend dazu wird auch das originale Vorgemälde aus der Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums an dieser Stelle reproduziert, das sich deutlich von der letztendlichen Fassung unterscheidet. Eine vollständige Live-Restaurierung dieser Größenordnung in einem Museum ist deutschlandweit bisher einzigartig. Sie wird von der Kulturstiftung der Länder, vom Ministerium für Bildung und Kultur Saarland sowie vom Förderverein für das Historische Museum Saar finanziert. Prof. Dr. Markus Hilgert, Kulturstiftung der Länder: „Durch die Kombination aus öffentlicher Restaurierung und historischer Einbettung in den Entstehungszusammenhang werden nicht nur diese Gemälde, sondern auch die Aufgaben eines Museums in vielerlei Hinsicht nachvollziehbar. Dadurch wird auch die propagandistische Absicht des Gemäldezyklus in einen erläuternden Zusammenhang gestellt. Die Restaurierungswerkstatt mitten in der Ausstellung veranschaulicht die Aufgaben der Provenienzforschung sowie das gesamte Knowhow der Restauratorinnen und Restauratoren, von der Substanzsicherung bis hin zur Rekonstruktion von Fehlstellen. Diese Vielfalt der vermittelten Aspekte ist es, die mich an dieser Förderung besonders gereizt hat.“
In der Sonderausstellung „Monumente des Krieges. Der Saarbrücker Rathauszyklus Anton von Werners und unser Bild vom Deutsch-Französischen Krieg 1870/71“ zeigt das Historische Museum Saar den siebenteiligen Zyklus aus dem Alt-Saarbrücker Rathaus. Fünf Gemälde wurden bereits vom Vorbesitzer restauriert. Mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, des Fördervereins für das Historische Museum Saar, der Willy-Walch-Stiftung und der Saarland Sporttoto GmbH konnte das Museum Ende 2020 die Gemälde ankaufen.