Winterreise © Foto: Bettina Stöß
Am Donnerstag den 8. April, ging in der Saarbrücker Alten Feuerwache des Saarländischen Staatstheaters der Tanzabend „Winterreise“ mit dem Liederzyklus von Franz Schubert über die Bühne.
Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen: Alle Besucher*innen mussten binnen 24 Stunden negativ auf den Coronavirus getestet sein, entsprechende Bescheinigung vorzeigen, dazu Maskenpflicht, deutlich reduzierte Sitzplätze auf Abstand. Nach langen Monaten endlich wieder Kultur live!
Der musikalische Teil, der Liederzyklus „Die Winterreise“ von Franz Schubert, eines der tief gehenden Werke des früh vollendeten Komponisten, wurde von dem Tenor und Ensemblemitglied Sung Min Song nahezu perfekt interpretiert. Fast jedes Wort war zu verstehen. Jeweils passend und zu den Stimmungslagen der Lieder sang er sehr einfühlsam dramatisch und expressiv oder auch leise und melancholisch, vor allem auch technisch überzeugend. Ein echter Höhepunkt war das Lied „Die Wassserflut“ (Manche Trän‘ aus meinen Augen…), mit dem Kontrast von Niedergeschlagenheit zu süßer Erinnerung. Auf hohem Niveau begleitet wurde er am Flügel von Yu-Hsuan Lin, die ihm an Interpretationskunst nicht nachstand. Eine Pianistin, die ihr Handwerk mit bestechendem Stil beherrscht und die die zwiespältigen Stimmungen und Emotionen musikalisch anrührend zu schildern vermag.
Auch für die Tanztruppe von Stijn Celis, der mit einer glanzvollen Choreografie brillierte, war es ein Neustart in die Saison nach Maß. Die der Grundstimmung der Winterreise gemäß in schwarzer Kleidung (Markus Maas) auftretenden Tänzerinnen und Tänzer – einzige Ausnahme die blonde Montana Dalton im hellrotem Kleid, die die wenigen Stimmungsaufhellungen des Protagonisten des Liederzyklus exzellent darzustellen wusste – boten ohne Ausnahme technisches Können auf höchstem Niveau, wie man es von Steijn Celis gewohnt ist.
Eigentlich waren alle Tänzer*innen Solist*innen, die die Handlung der Winterreise mit ihren präzisen Bewegungen verstärkend, spiegelnd oder auch kontrastierend begleiteten, eindrucksvoll auch im Mienenspiel, einzeln oder in verschiedenen Gruppenformationen.
Das Bühnenbild (Sebastian Hannak) wurde im rückwärtigen Teil von einem hölzernen Gehäuse, mit einer großen nach links spitz zulaufenden Öffnung in Form eines Dreiecks – eine Art Symbol für die schicksalhafte Zuspitzung der Handlung – beherrscht, dahinter ein mit Steinen belegter Gang für die Auftritte und Abgänge der Tänzerinnen. Spärliche Requisiten unterstützten die Handlung: ein Podest mit Tisch, Stuhl und Schrank, die die Unbehaustheit des Protagonisten versinnbildlichen, ein Baumzweig für die spärlich aufkeimende Hoffnung, zwei Heizkörper, die – nicht an Leitungen angeschlossen – die Wärme nicht geben können, die der Protagonist auf seiner Winterreise so sehr entbehrt. Und schließlich die Matratze, unter der er sich zum Tode bettet.
Insgesamt ein überaus gelungener, Tanzabend auf höchstem Niveau, vom Publikum im nicht einmal halb gefüllten Theaterraum begeistert beklatscht, von Bravo-Rufen begleitet.
Kurt Bohr