Schlagzeuger im Lockdown
Eine CD des Ensembles „Percussion under construction“
Was macht ein Schlagzeuger im Lockdown? Er spielt! Er spielt mit Trommeln, Marimbaphonen, Becken und gerne auch mit selbstgebastelten Instrumenten. Und er spielt mit Freunden. Das allerdings ging wochenlang nur online. Eine eigenartige Situation, die eine CD mit dem am Saarbrücker Staatstheater beheimateten Schlagzeugensemble „Percussion under construction“ anregte. Martin Hennecke, Spiritus rector des Ensembles, betonte, man habe Stücke suchen wollen, die im Lockdown entstanden waren oder sich auf vergleichbare Situationen bezogen. Und dann begann die künstlerische Arbeit, die jetzt unter dem Titel „locked down?“ erschien. Wer sich das aufs Ohr holt, der befindet sich nicht in einem experimentellen Klang-Laboratorium, sondern er wird unterhalten und wunderbar geführt durch einen ganz herrlichen Kosmos von Geschlagenem. Da ist das Präludium von Martin Hennecke am Beginn, ein Stück bester Minimal Music mit guter Laune Es folgt das „Trio per Uno“ des aus Serbien stammenden Percussion-Papst Nebojša Jovan Živković, ein Werk von ungeheurer Dynamik – zumindest in den Ecksätzen, mit hoher Intensität getrommelt vom Ensemble. Von Frank Zappas „The Black Page“ gibt es gleich zwei Versionen, eine entwickelt aus dem Lockdown mit dem aus Los Angeles zugeschalteten Schlagzeuger Christopher Garcia, der vor allem mit asiatische Instrumente spielt und eine im live-gespielten um Elektronik erweiterten Version von großer Dichte. „Prayer and Blessing“ des chinesischen Komponisten Tan Dun ist für mich der Höhepunkt dieser CD, komponiert für die Möglichkeit des online-Musizierens im Lockdown, hier gespielt mit einer ungeheuren Spannung und Konzentration, aber auch mit dem gelegentlichen Freilauf des Klanges. Phantastisch dabei: die Sopranistin Valda Wilson. Von und mit Hermann Rarebell, dem ehemaligen Scorpions-Drummer gibt es dann den sehr rockig interpretierten Titel „Rock You like a hurricane“, bei dem die ganze Spielfreude des Ensembles zum Ausdruck kommt, ebenso wie beim Finale, dem von Martin Hennecke komponieren Portrait von Los Angeles, „L.A.“ (Coviello Classics 92117)
Friedrich Spangemacher