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Retrospektive für Robert Brandy im MNHA

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Robert Brandy, Did you ever go clear No So what © Robert Brandy, Foto Tom Lucas, MNHA

„Jede meiner Leinwände ist ein Augenblick in meinem Leben“, steht über einem der Gemälde von Robert Brandy. Das ist in diesem Fall mehr als ein persönliches Bekenntnis. Es ist auch der Leitspruch, ja der rote Faden, der die 50 Jahre umspannende Retrospektive bestimmt, die das Musée national d`histoire et d`art, kurz MNHA, dem Künstler zu seinem 75. Geburtstag ausgerichtet hat. Eindrücklich und überzeugend gelingt es dem MNHA, Werk und Persönlichkeit dieses Künstlers in den Fokus zu rücken. Wer in Luxemburg in der Kunstszene unterwegs ist, begegnet unausweichlich irgendwann den Werken dieses umtriebigen Künstlers, dessen Wahrzeichen sein grauer Hut ist. Der angesehene Altmeister ist eine der Säulen der nationalen Kunstszene und zudem ein wichtiger Botschafter und Repräsentant der Luxemburger Kultur. In ganz Europa hat er ausgestellt, aber auch in Japan, den USA oder in Bahrain. In zahllosen prominenten Sammlungen ist er vertreten. Er zieht sich nicht in den Elfenbeinturm zurück. Nein, Brandy spricht gern und offen über seine Arbeit. Die Titel seiner Bilder geben klare Hinweise darauf, was ihren Schöpfer künstlerisch bewegt. Dieser Luxemburger ist ein Kosmopolit, der schon früh in die USA reiste, wo er Gegenwartskünstler wie Willem de Kooning traf, der ihn nachweislich beeinflusst hat.

Ab 1972 besucht er die Ecole de Beaux Arts in Aix en Provence und ist beeindruckt vom avantgardistischen Künstlerkollektiv Supports/Surface. (Arbeiten der Gruppe sind derzeit ebenfalls im MNHA zu sehen). Überhaupt repräsentiert diese bis 1971 zurückreichende Werkschau ein Stück Kunstgeschichte, das in Brandys Arbeiten ganz persönlichen Ausdruck findet. „Did you ever go clear? No? So what?“, ist ein Gemälde von 2007 betitelt, über dem der eingangs zitierte Satz steht. Mit seiner buchstäblichen Transparenz und seiner collagenartigen Anmutung macht dieses Werk die beiden wichtigsten Arbeitsprinzipien Brandys deutlich, die er stets neu variiert. Die Collage der Farben materialisiert sich später in den Assemblagen. Die malerische Transparenz findet ihre fassbare Entsprechung in den Glaswänden der Objektkästen. Die Ausstellung beginnt mit dem Frühwerk, darunter sehr feinsinnige abstrakte Gemälde, es schließen sich Arbeiten an, die der französischen Moderne verpflichtet sind. Ein Stilleben à la Cézanne verrät avantgardistischen Widerstand. Überhaupt ist es eine ausgesprochene Stärke der Schau, dass sie Brandys Werk als eine lange, in sich schlüssige Entwicklung präsentiert, in der höchst persönlich Individuelles, aber auch Zeitgeist und Tagesaktualität ihren Niederschlag finden. Sozusagen ein künstlerisches Laboratorium, in dem permanent mit neuen Stilmitteln und Ausdrucksmöglichkeiten experimentiert und um Bildfindungen gerungen wird. Malerische Stürme folgen bisweilen meditativ stillen, aller greifbaren Wirklichkeit entzogenen Gemälden. Als vitale Symbiose von Natur und Kunst erweisen sich Brandys sprießende Bambusobjekte.

In seinen späten Jahren dominiert die Farbe. Gleichsam als Écriture automatique der Seele wird sie mit dramatischer Geste aufgetragen. Dagegen wirkt das wandfüllende Gemälde im letzten Saal geradezu wie eine Selbstdisziplinierung. „Garder le geste“ heißt die Mischtechnik von 2015, in der sich der gewohnte Duktus des Künstlers auf ein paar Farbrinnsale reduziert.

Eva-Maria Reuther im OPUS Kulturmagazin Nr. 85 (Mai/Juni 2021)

Bis 28.11.

mnha.lu

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