Verena Bukal begeistert als Akira
Ein-Personen-Stücke sind immer eine Herausforderung. Verena Bukal meistert die Aufgabe, ein Hundeleben darzustellen, mit Bravour. Freudig-munter bellend hüpft sie auf die Bühne, schnüffelt intensiv in einer Ecke (mit ihrem feinen Geruchssinn sind Hunde wahre Forscher), um dann, wie wir es schon so häufig gesehen haben, ein (Hinter-)Bein zu heben und mit Urin eine Duftmarke zu setzen. Mit diesem alltäglichen Erlebnis werden wir ins Hundeleben eingeführt. Verena Bukal braucht keine Maske, um auf den Hund zu kommen. Sie verwendet eine solche im Laufe des Abends nur einmal für kurze Zeit, um den Verlust ihres „Vaters“ (Herrchens) zu betrauern.
Akira, so hören wir, hatte keinen leichten Start ins Hundeleben. Als Welpe eines großen Wurfes wird er schon sehr früh von seiner Mutter getrennt und muss (im Hundeheim) erdulden, dass seine Geschwister nach und nach „adoptiert“ werden, bis er allein übrig bleibt. Sehr anrührend, wie die Schauspielerin die Gefühle Akiras zum Ausdruck bringt.
Dann ein kleines Zwischenspiel. Akira erklärt die Bedeutung seines japanischen Namens, der „strahlend und hell“ bedeutet. Entsprechend aufgekratzt präsentiert Akira-Bukal mit Portraits von in Japan berühmten Menschen dieses Vornamens, die von einem Plakatständer abgerissen und ungestüm auf den Boden geschleudert werden. Es geht um Wissenschaftler, Literaten und Künstler, Lichtgestalten also, aber auch um zwei Männer, die als Schurken das Dunkel als Gegenteil des Lichts verkörpern.
Dann schildert Akira den fulminanten Höhepunkt seines Lebens: ein Unternehmer und Porschefahrer namens Attila (= Väterchen) tritt auf den Plan und wird als Herrchen sein „Vater“, Akira darf auf dem Sitz neben Attila im Porsche Platz nehmen. Geradezu umwerfend ist, wie Verena Bukal die triumphale Freude des Hundes in den Raum trompetet. Endlich erlebt er die Wonnen eines erfüllten Hundelebens: täglich ausgeführt werden, gutes Futter, kuscheln und gestreichelt werden. Und immer mal wieder im Porsche auf dem Beifahrersitz neben Attila. Dieser betreibt im richtigen Leben erfolgreich vegane Geschäfte und Restaurants. Akira muss sich dem veganen Leben anpassen und verdrückt tapfer Fleischersatz und Pseudo-Burger. Geradezu erbarmungswürdig und verzweifelt gibt Bukal den Akira, der seine Treue zum veganen „Vater“ und dessen Überzeugungen beteuernd allerdings sein heftiges Begehren nach Fleisch und Burgern geradezu herausschreit.
Äußerst schmerzlich erlebt er dann, wie Attila wegen seiner konsequenten Haltung als Veganer angefeindet und in die Ecke gedrängt wird, zum Querdenker und ideologisch festgelegten Rechtsaußen wird. Und letztlich daran zerbricht. Er verliert seine Unternehmen und Akira wird „vaterlos“. Höchst eindrucksvoll und erstaunlich ist, wie Verena Bukal als Akira diese niederschmetternden Erfahrungen und Gefühle des seinem „Vater“ in hündischer Treue ergebenen Akira auf die Bühne bringt. Dem kann man einfach nur gebannt folgen.
Das AutorInnen-Duo Noëlle Haeseling und Leo Meier hat dafür eine passgenaue Vorlage geliefert mit einer hoch aktuellen Themenstellung, halten doch nahezu 14 Millionen Menschen einen oder mehrere Hunde in ihrem Haushalt. Die Bühnenausstattung von Martha Szymkowiak ist einfach und passend, lässt Raum für die temperamentvollen Gefühlsausbrüche, mit denen Verena Bukal den Hund Akira in dem von Lea Jansen entworfenen phantasievollen Kostüm verkörpert. Licht und Ton wirken perfekt.
Das Publikum verfolgt das Geschehen auf der Bühne mit gespannter Aufmerksamkeit, spendet mehrfach spontan Szenenbeifall. Am Ende langer und heftiger Applaus für einen brillanten Theaterabend in der Sparte4.
Kurt Bohr