Auf der Suche nach dem richtigen Weg im Alltag: Eva Koenen, Gerrit Bernstein und Richard Rolser (von links) spielen das namenlose Kind
© Uwe Bellhäuser, Theater Überzwerg
Die Biene im Kopf
Erfolgsdramatiker Roland Schimmelpfennig brilliert mit Kinderstück
Es kommt wahrlich nicht alle Tage vor, dass ein gestandener Autor, seit Jahren auf vielen Bühnen dieser Republik zuhause, ein Stück für das Kindertheater schreibt. Roland Schimmelpfennig, nicht erst seit Werken wie „Die vier Himmelsrichtungen“, „Der goldene Drache“ und „Der Kreis und die Sonne“ meistgespielt, mit Preisen hochdekoriert und 2012 von der Universität des Saarlandes zur Poetikdozentur für Dramatik eingeladen, ist buchstäblich so „überzwerch“, sich auf diese ungewohnten Bretter zu wagen. Mit „Die Biene im Kopf“, 2016 im Gelsenkirchener Consoltheater uraufgeführt und zwei Jahre zum Kindertheaterpreis nominiert, lädt der Erfolgsautor Kinder ab 8 Jahren zu einer Phantasiereise ein, die das etwa gleichaltrige Kind auf der Bühne aus seiner schlimmen Realität entfliehen lässt. Während die lebensuntauglichen Eltern den Tag mehr oder weniger verschlafen, muss das Kind den herausfordernden Alltag meistern. Mutig, sich am betrunkenen Vater vorbei aus dem Haus in die Schule stehlen, dabei die Schultasche vergessen und dem übelgelaunten Nachbarn entkommen. Es ist wie im Computerspiel: sich von Level zu Level hangelnd, kann sich das bis zum Ende namenlose Kind mit dreifach gespielter Kraft wie eine Biene im Kopf aus dem Staube machen. Eva Coenen, Gerrit Bernstein und Reinhold Rolser verleiht die Inszenierung von Nathalie Glasow in der minimalistischen Bühne von Claudine Walter im Dreierpack buchstäblich Flügel. Sie gewinnen und verlieren gemeinsam den Kampf gegen die Einsamkeit und das mögliche Verlorensein. Aber sie geben nicht auf, hangeln sich am Ende von Level zu Level, werden mit Herzen als Vorrat fürs Leben auf dem Display belohnt. Level 7 ist das schwerste: Allein in Bett, den kalten Zigarettenrauch in der Nase, wird „Dir bewusst, dass Du’s schaffen musst einzuschlafen, ohne dass Dir jemand ‚Gute Nacht‘ sagt!“ In der Ruhe spricht das Kind sich Mut zu, bekommt wieder 5 Herzen. Und das Beste? Das Stück wird durch viele Schulen wandern und Kindern in ähnlich schwierigen Lagen Mut machen. Da sind dann 5 Herzen fällig!
Burkhard Jellonnek
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