Haus Hellenthal in Heckendalheim im brutalistischen Stil © Johann Peter Lüth, Foto: Elke Birkelbach
Von Nicole Baronsky-Ottmann
Schon der Weg zu dem von der Hauptstraße in Heckendalheim etwas abgelegenen Grundstück ist spektakulär. Denn unter dicht gewachsenen Bäumen und Sträuchern hindurch führt der Aufgang zu dem Anwesen 5a in der St. Ingberter Straße über eine Brücke, an einer kleinen Schlucht vorbei und an großen Sandsteinblöcken. Hier befand sich ein Steinbruch, bevor Josef Hellenthal, Bauingenieur und Bauunternehmer aus St. Ingbert, sich hier Ende der 1960er Jahre seinen ganz persönlichen Wohntraum erfüllte. Er ließ sich hier, umgeben von Bäumen, ein Haus erbauen, das einmalig ist. Es ist in Sichtbeton-Bauweise errichtet, außergewöhnlich und spektakulär. Heute steht es unter Denkmalschutz.
Architekt des Hauses war Johann Peter Lüth, damals 28 Jahre alt, der später saarländischer Landeskonservator werden sollte. Er entwarf ein Gebäude bestehend aus rohem Beton, vier Stockwerke hoch, aber architektonisch abwechslungsreich und voller besonderer Einfälle. Er erhielt dafür 1969 den Bundesarchitekturpreis Wohnen. Das Haus besteht aus einem Hauptteil, erweitert um verschiedene Anbauten, mit Auskragungen, Rundungen, großen Glasflächen, Dachterrasse, alles kantig und elegant zugleich. Der rohe und nackte Beton wechselt sich dabei – überraschend harmonisch – mit vielen Fensterflächen und Holzeinbauten ab. Allein das Gebäude ist schon ein Kunstwerk für sich.
Der Name des verstorbenen Hausherrn Hellenthal ist in der saarländischen Kunstszene insbesondere wegen seiner Tochter Mane seit Jahren bekannt. Gemeinsam mit weiteren Familienangehörigen erbte sie das Anwesen und muss es nun verkaufen. Um es in Wert und in Szene zu setzen, hatte sie die geniale Idee, ihre Kunstfreunde zu fragen, dort eine Ausstellung auszurichten, um gleichzeitig ihnen die Gelegenheit zu geben, sich mit der einzigartigen Architektur auseinanderzusetzen und das Gebäude bekannt zu machen. Das ist ihr fulminant gelungen.
Bis zum 15. Juni können sich Interessierte noch Haus und Ausstellung von Dienstag bis Sonntag, von 14 bis 20 Uhr, anschauen. Und diese Gelegenheit sollte man nutzen. Denn die Ausstellung passt in das Haus, als ob sie eine über Jahre angewachsene Sammlung des Eigentümers sei. Oder, besser noch, als ob sie nur für dieses Gebäude angefertigt wurde. In der Ausstellung sind Werke von rund 30 Kunstschaffenden vertreten, die derzeit im Saarland von Rang und Namen sind. Schon vor der Terrasse steht eine der für Martin Steinert so typischen Skulpturen aus unzähligen, einfachen Holzlatten zusammengebaut, die im Grün des Gartens die lichte Form eines Vogels aufweist. Im großen Hauptraum empfangen den Besucher gleich mehrere Gemälde von Gabriele Langendorf. Die ehemalige Rektorin an der Hochschule der Bildenden Künste in Saarbrücken nimmt mit mehr und weniger abstrahierten Gemälden von Hochhäusern direkten Bezug auf die Beton-Architektur. Von Francis Berrar sind mehrere seiner neueren Gemälde zu sehen. Auch ihre vertikale Gitterstruktur aus unzähligen Linien, mal dicker, mal dünner ausgeführt, die auf geometrische Formen wie Dreiecke oder Kreise gelegt wurden, spiegeln den strengen Charakter der umgebenen Architektur. Ganz besonders gut passen auch die akkuraten Aquarelle von Dirk Rausch in die Räume, in denen er zarte, lichte Farbbalken mit schwarzen Flächen kontrastiert. Petra Jung nähert sich dagegen in farblich zurückhaltenden Mischtechniken von amorphen Strukturen der Farbgebung des rohen Betons an. Und eine große Leinwand von Ursel Kessler spielt gekonnt farblich und linear mit der Architektur des Hauses, sodass man fast meint, es in der Komposition von Linien und Flächen wiedererkennen zu können.
In einem der oberen Zimmer findet sich dann auch ein wandhohes Gemälde von Mane Hellenthal selbst. Sie hat eine leichte, kleinteilige, abwechslungsreiche Gestaltung aus rosa- und lilafarbenen Zellstrukturen direkt mit einer hellgrauen, betonartigen Konstruktion aus Balken überlagert, deren Transparenz erlaubt, die Gestaltung darunter weiterzuverfolgen. Das Gemälde zeigt so eine abstrahierte Betonarchitektur, die der unterschiedlichen Oberfläche des Betons gerecht wird. Aber nicht nur in dem Haus sind Kunstwerke präsentiert. Über der Garage befindet sich ein Atelier, in dem – wie es sich für ein Atelier gehört – ganz unterschiedliche Kunstwerke an die Wand gelehnt sind. Sie stammen von den Kunstschaffenden, die an der Ausstellung beteiligt sind. Und dann wäre da noch ein Gemälde von Nikolaus Hellenthal. Gegenständlich und blockhaft in Komposition und Aufbau zeigt es saarländische Hüttenarchitektur. Die Hommage an ihn rundet das Gesamt-Kunsterlebnis bestehend aus Ausstellung, Gebäude und Umgebung ab.
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