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Eine eindrucksvolle Zeitreise: Das Huelgas-Ensemble mit einem Konzert zum Jubiläum des Metzer Domes

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© privat

Den 800. Geburtstag der Kathedrale von Metz beging die „Cité Musicale Metz“ u.a. mit einem bemerkenswerten Konzert in der Kirche Saint-Pierre-aux-Nonnains, einer der ältesten Sakralbauten Frankreichs, einer einschiffigen Basikika, die auf einen römischen Bau zurückgeht, und der eine hervorragende Akustik hat.

Eingeladen war das  berühmte „Huelgas“-Ensemble unter Paul van Nevel, das unter dem Titel „La musique des cathédrales 1000 – 1600“ vorwiegend Gesänge aus dem Messkanon auf das Programm gesetzt hatte – Musik aus allen großen Kathedralen Europas, von Canbrai, Reims, Tournai bis Brüssel und Paris. Der Abend begann mit einem fast archaisch anmutenden zweistimmigen „Alleluja“- Organumn von 980 aus Winchester und endete in bis zu sechsstimmigen Sätzen aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts aus Rom und Palermo.

Ein Abend in ‚reiner Stimmung‘ brachte ein gleichwohl ungewöhnliches wie beeindruckendes Hörerlebnis mit sehr guten Ensemblestimmen, die jederzeit hochkonzentriert waren und sich überzeugend mischten.

Vor allem am Klang arbeitet van Nevel, an den Farben und und an der inneren ‚Dramaturgie‘, wenn man diesen Begriff hier einmal verwenden mag. Und er inszenierte die Musik mit spärlichsten musikalischen Mitteln: etwa wenn er das früheste Organum im Pianissimo begann, als ob es aus der Tiefe des Raumes, der Zeit käme.  Auch in der Agogik, in der  Dynamik und in der Aufstellung des kleinen Chores bis hin zu antiphonalen Möglichkeiten brachte er die Nuancen dieser Musik heraus. Überwältigend das „Agnus Dei“ von Antoine Brumel vom Endes de 15. Jahrhunderts aus der Pariser Notre Dame und ebenso das „Sustinuimus pacem“ von Pierre de Manchicourt aus Tournai, ein Friedensgebet, dessen Inbrunst hier mit höchstem Ausdruck gesungen wurde. Wie viel Kreativität sich an den kanonisierten Texten in über einem halben Jahrtausend entwickelte, konnte man in dieser musikalischen Zeitreise erspüren.

Man fragt sich manchmal, wie viel die sogenannte historische Aufführungspraxis an Klang modernisiert hat, wohl nach den Erfahrungen mit der Musik Händels, der Barockrenaissance und zuletzt auch durch die opulente Aneignung der Musik von Hildegard von Bingen. Nevel befreit seinen Klang von allen heutigen Hörerfahrungen und führt uns zurück in die Räume und Zeiten, in denen die Lust an der Mehrstimmigkeit immer neue Blüten trieb, dabei aber im eher strengen Satz verharrte. Das klingt für klangverwöhnte Ohren von heute archaisch, aber man kann die Idee der Kontemplation, der Anbetung und des Gotteslobes auf eine Weise nachspüren, wie es sonst kaum möglich ist. Das Huelgas Ensemble, befreit von aller Klangoppulenz führt den Hörer auf eine seltene und spannende Pilgereise durch die Jahrhunderte, mit Musik, die für die Entwicklung der Musik des Abendlandes generell von höhster Bedeutung war. Ein aufmerksames und begeistertes Publikum war für diese Erfahrung dankbar.

Friedrich Spangemacher

Filed Under: Kritik

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