Olga Jelinkova und Angelis Samartzis als Violetta und Alfredo // Copyright: Martin Kaufhold
Prima la Musica
„La Traviata“ am Saarländischen Staatstheater
von Friedrich Spangemacher
Großer Applaus im Saarländischen Staatstheater für die Neuinszenierung von Giuseppe Verdis „Traviata“, in der drei Sänger des eigenen Saarbrücker Ensembles zu Hochform aufliefen, in einer überzeugenden Regie von Ben Baur, der die Akte als Tableaus inszenierte, mit einer geradezu vorzüglichen Personenführung. „La Traviata“, so streng inszeniert, ließ den Zuhörer an der Seelenlage der Protagonisten direkt teilhaben.
Beginnen wir von vorn: Das Orchester musste sich erst einarbeiten Wenn die Ouvertüre mit den schmerzensreichen Streicherklängen im Pianissimo einsetzt, die den Tod Violettas schon vorausahnen lassen, dann müsste man von Beginn in ein Sog geraten von der Unbedingtheit dieses schwebenden Satzes; und wenn der Nachschlag-Rhythmus einsetzt, der „Libiamo ne‘ lieti calici“ vorausnimmt, dann braucht auch das eine hohe Stringenz, eine absolute Exaktheit, die mit mehr Proben wohl überzeugender gewesen wäre. Der große Toscanni hat an 8 Takten der Traviata-Ouvertüre über eine Stunde geprobt – mit dem Orchester der Metropolitan Opera. Was so leicht klingt, ist eben doch ein sehr schwieriges Unterfangen. Doch nach der etwas lauen Ouvertüre warf sich das Orchester unter Stefan Neubert sehr ins Zeug und schaffte mit Bravour nicht nur die lyrischen Szenen, in denen die feinsten seelischen Regungen der Violetta zum Ausdruck kommen, sondern auch die schmissigen Teile in den Ensembleszenen. Die Bilder der Bühne scheinen Gemälden entlehnt, die Figuren bleiben eher statisch, selbst in den Festszenen, in denen das Personal wie auf einer Photographie festgehalten ist- was einen ungeheuren Eindruck macht. Hier fließt die Konzentration in die Musik, der Baur immer den Vorrang lässt. Vor ferne wird man an Bilder von Edgar Degas erinnert (Floras Ballsaal) oder an Caspar David Friedrichs „Klosterfriedhof“ im letzten Bild. Faszinierend ist ein Monodram der Violetta mit den beiden Arien „E strano“ und „Sempre libera“ – hier sinnvollerweise zu einer Soloszene zusammengefasst: Violetta allein auf schwarzer Bühne mit weißem Kleid. Mit diesen beiden Arien kommt die ganze Gefühlswelt der Kurtisane, die sich soeben unsterblich verliebt hat, zum Ausdruck, auch in der Mimik und in den Gesten der Sopranistin Olga Jelinkova, der man insgesamt ein sehr hohes Lob zollen muss. Auf gleicher Höhe der ausdrucksstarke Tenor Angelos Samartzis als Alfredo in einer seiner besten Rollen am Staatstheater und auch Peter Schöne als Alfreds Vater war in jedem Moment überzeugend. Diese „Traviata“ hebt sich wohltuend von den üblichen überbordenen spielbetonten Inszenierungen dieses Erfolgsoper ab, die die wenigen Buher am Ende sich wohl gewünscht hätten. Bravo!