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Dreischritt: Saarländisches Staatstheater Saarbrücken

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Fotografien © Bettina Stöß

„Dreischritt“ – ein grandioser Tanzabend auf höchstem Niveau

Von Kurt Bohr

Am 15. März feierte das Staatsballett des saarländischen Staatstheaters die Premiere eines Tanzabends mit drei Choreografien, die alle vom Ballettensemble des Hauses auf die Bühne gebracht wurden. Es zeigte sich wieder einmal, dass diese Truppe so blendend in Form ist, dass sie keinen Vergleich in Deutschland zu scheuen braucht, alle Tänzerinnen und Tänzer sind von beeindruckender Fitness und von Ballettmeister Claudio Schellino und seiner Partnerin, Ballettmeisterin Eri Iwasaki, auf höchstes Niveau eingestellt.

Der Abend begann mit dem Stück „Polish Pieces“, einer Choreografie des berühmten niederländischen Tanzstars Hans van Manen, der über längere Zeit Hauschoreograf des berühmten „Nederlands Danstheater“ war. Wegen der Abstraktion seiner Choreografien wird er bisweilen als Piet Mondrian des Tanztheaters bezeichnet, eine Anmutung, die er in „Polish Pieces“ in eindrucksvoller Weise bestätigt. Die leere Bühne wird von Tänzerinnen in blauen und von Tänzern gelben und roten Kostümen (Mondrian-Farben) im Sturm erobert. Sie tanzen höchst präzise im Takt zu der rhythmisch abstrakten Musik von Henryk Gorecki und formieren sich – wiederum total abstrakt – abwechselnd in Gruppen zu zweit, zu viert oder zu zehnt. Insgesamt ein spannungsvoll eleganter Auftritt in strahlendem Licht nach Einstudierung von Feline van Dijken (Ausstattung von Keso Dekker, Beleuchtung von Joop Caboort). Starker Beifall.

Die zweite „Dreischritt“ war dem Saarbrücker Ballettchef Stijn Celis und seiner Choreografie „Falling into“ vorbehalten, einem Gemeinschaftswerk mit der japanischen Installationskünstlerin Chiharu Shiota, die vor einer Reihe von Jahren in der Saarbrücker Stadtgalerie unter der Ägide von Andrea Jahn eine herausragende Ausstellung präsentierte und seinerzeit auch auf der Biennale in Venedig künstlerisch brillierte. Es geht ganz grundsätzlich um das Schicksalhafte des Menschen, dessen Existenz – so Celis im Programmheft – „einer Reise gleicht“ in eine Umgebung, eine Welt, „die wir uns nicht aussuchen können“, so etwas wie eine Geworfenheit, wie der Philosoph Heidegger es ausdrückte. Shioras Bühneninstallation arbeitet mit den für ihr Werk charakterischen roten Fäden, die einen Raum schaffen, in dem sich die Tänzerinnen und Tänzer bewegen. Sie betreten und verlassen die Bühne durch einen Vorhang von roten Fäden in einen streng abgegrenzten Raum von gleichfalls roten Fäden, in dem es zu Begegnungen kommt, kurzen, flüchtigen, aber auch längeren und innigen, die das menschliche Schicksal bestimmen. Immer wieder fassen sich TänzerInnen ein Herz und spannen selbst einen Faden, den sie aus dem Reservoir der hinteren Bühnenbegrenzung auswählen, am Boden befestigen, so den Schicksalsraum erweitern. Die roten Fäden bieten Assoziationen zu Schicksalsfäden der Nornen im „Ring des Nibelungen“ von Richard Wagner. Die innigen, tänzerisch, ausdrucksstarken Darbietungen in rot-schwarz gestreiften Kostümen (Eleni Chava) passen gut zu der gefühlsbetonten Musik von John Adams. Das Halbdunkel der Bühne (Beleuchtung von Björn Schock) bietet dazu einen nahezu idealen Rahmen. Ein gelungener Wurf des Saarbrücker Ballettchefs. Freundlicher Beifall.

Krönender Abschluss des Abends war „Impasse“ (Sackgasse) des renommierten schwedischen Choreografen Johan Inger, der auch für das Bühnenbild verantwortlich zeichnet. Im rückwärtigen Teil der Bühne zeigt sich ein Hausgiebel in realistischer Größe mit einer Tür, durch die die ProtagonistInnen hereinkommen und hinausgehen und sich in heiterer Gelassenheit bewegen. Ihre Zahl wächst nach und nach, eine Anspielung auf die durch Bevölkerungsexplosion auf unserem Heimatstern immer enger werdenden Lebensräume, die Sackgasse quasi symbolisch visualisierend, in die wir uns bewegen. Ein weiteres signifikantes Zeichen dafür ist auch die im weiteren Verlauf aufgestellte, verkleinerte Hausfassade, durch deren Tür man nur noch in gebückter Haltung gehen kann. Die Symbolik wird gegen Ende noch deutlich gesteigert, indem der Bühnenvorhang sich langsam immer mehr absenkt, das Sichtfeld zunehmend verengt und das Bühnengeschehen ganz abriegelt. Eine echte Sackgasse!

Die Tanzkompanie begegnet dieser Entwicklung – alles andere als dystopisch – mit Elan und jugendlicher Ausgelassenheit, in bunten Gewändern (Kostüme: Bregjen van Balen), die an Frohsinn und Fasching denken lassen, alles zu munterer, lebhafter, optimistisch wirkender Musik von Ibrahim Maalouf und Amos Ben-Tal. Die Zukunft scheint gestaltbar und die Sackgasse überwindbar. Die Ballettkompanie zeigt sich abermals in exzellenter Verfassung. Solistisch ist in der gesamten Vorstellung des Tanzabends niemand besonders hervorzuheben, doch tanzten alle in solistischer Qualität. Große Begeisterungen, lang anhaltender Beifall. Standing Ovations. Ein wunderbarer Tanzabend ist vollendet.

Filed Under: Allgemein, Kritik

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