Die Gewinnerin Yang Son (Mitte) mit Sylvain Teutsch (Gouvy-Institut) und Maria Grätzel (DRP)
von Friedrich Spangemacher
Fünf Uraufführungen von fünf ganz jungen Komponisten: Die Deutsche Radio Philharmonie (DRP) hat jetzt die Ergebnisse der diesjährigen Komponistenwerkstatt, einem Projekt der Saarbrücker Musikhochschule mit dem SR, vor einem interessierten Publikum vorgestellt. . Es sei ein guter Jahrgang, sagte der Couch der Werkstatt, der Saarbrücker Kompositionslehrer Arnulf Herrmann, der fünf Tage lang mit den jungen Komponisten und dem Orchester gearbeitet hatte, zusammen mit dem inspirierenden Dirigenten Manuel Nawri. Beginnen wir mit der DRP. Es ist bewundernswert, wie die Musiker sich dieser Aufgabe wieder einmal engagiert stellten: höchste Konzentration bei allen Partituren, hohe Leistungen aller Gruppen. Nicht anders hätten sie bei einer schwierigen klassischen Partitur gearbeitet; hervorragende Bedingungen für angehende Komponisten.
In den fünf Stücken ging es oft um die jeweils eigenn Befindlichkeit, mit eigenen Eindrücken, Erlebnissen, weniger um die Umwelt oder um Zeitfragen; allenfalls war das bei dem Italiener Simone Cardini (* 1986) der Fall, der in seinem Stück „Cinnabar, throbbing veins, Barely root“ Fragen der Existenz aufwarf. Er nahm den ‚großen‘ Klangkörper mehr als die anderen als Herausforderung an, er war ihm gewachsen, und er hat das Orchester zu seinem Klangort gemacht, überzeugend sowohl in den fragmentierten Texturen, aber auch in seinem kurzen Flirt mit der Musik Schostakowitschs.
Viel Gebrochenes, viele kurze Phrasen immer wieder bei den anderen Teilnehmern: Aufbrüche, Abbrüche, Stille, nie ein Aussingen, das man sich manchmal gewünscht hätte; keine entwicklende Variationen, eher kontrastreiches Nebeneinandersetzen.
Eine akustische Kindheitserinnerung griff der in Gera geborene Jakob Stillmark (Jahrgang 1994) auf, immer wieder in Neuanfängen, kurzen Phrasen, mit Aufblasen, Ausatmen. Die Wiederholung wird hier zum Prinzip. Ein Klangbild, das die großen Gesten anzustreben suchte, manchmal säulenartig aufgebaut, charakterisierte das Stück „Verführung“ der japanischen Komponistin Reika Hattori (Jahrgang 1988), aber schnell zerstäubte der Kang wieder und verlor sich in chaotischen Zuständen, schließlich in einem „Zusammenbruch“, wie die Komponistin erklärte. Aleatorische Verfahrensweisen nutzte die 1995 in Linz geborene Tanja Elisa Glisner in ihrem Stück „BlurRed“, das sich mit schockartigen Erfahrungen beschäftigte. Herrische Klänge im Blech standen neben flickernden, teils scharfen Streicherklängen. Besonders die verwickelten Stukturen in den Passagen, in denen die Musiker frei spielen konnten, waren bestechend. Für Glinsner standen am Schluß „Verwirrung und Resignation“, wie sie schrieb.
Den Gouvy Preis, der eine Auftragskomposition für die DRP beinhaltet, gewann die aus der Mongolei stammende Komponistin Yang Song (Jahrgang 1985) mit „Déjà-vu“, einem Stück, das den Hörer schnell in Bann zog mit fliegenden Klängen, die wie Wolken im Zeitraffer wirkten, aber auch mit der Schärfe in der Unschärfe, dann mit dem Einigeln der Klänge, mit sehr plastischen Visionen und mit dem Erstarren aus der Bewegung. Die Sprachnähe, die Song in ihrem Stück enwicklelte, war sicher das Besondere, und sie hatte den Preis verdient. Herzlicher Applaus für alle jungen Komponsten, von denen man sicher noch hören wird.