„#Peep“ – tolle Ensembleleistung im uraufgeführten Stück von Mona Sabaschus
© Saarländischen Staatstheater. Foto: Martin Kaufhold
Das geheime Leben nachts im Kaufhaus
Mona Sabuschus Uraufführung „#peep“ ist buchstäblich der Hit
Der ein oder andere mag sich an das Kinderbuch von Ladislaus und Arabella erinnert fühlen. Die Abenteuer zweier Kaufhausfiguren nach Toresschluss, wenn die Kundschaft und die Mitarbeitenden verschwunden sind. Genau das passiert auch in dem Kammermusical „Peep“, uraufgeführt nach der Vorlage von Mona Sabaschus in der Alten Feuerwache des Saarländischen Staatstheaters. Denn mit Ladenschluss erwacht in der Spielwaren-Abteilung plötzlich das Leben, freilich eines auf der Kippe, denn einige der Figuren sind buchstäblich Ladenhüter, denen der Gang in die Müllpresse droht. Doch da sei das spielfreudige Ensemble vor, in der Verena Maria Bauer, Laura Trapp, Jan Hutter, Silvio Kretschmer, Michi Wischniowski und Lea Ostrowskiy sich in den ungewohnten Rollen als Spielzeuge verdingen. Und dieser Rollenwechsel von der steifen Gliederpuppe zur gelenkigen Spielzeugfigur wird kunstvoll zelebriert mit zunächst ungelenken Bewegungen und flatternden Augenlidern. Aber das macht nicht den Reiz des Abends aus, sondern eine überströmendes Lieder-Potpourri, das sich aus vielen Popsongs der 1980-er und 1990-er Jahre speist und die Gefühlswelten der Figuren widerspiegelt. Der Kampf um den vermeintlichen Kunden, der Schrei nach „Kauf mich!“ von den Toten Hosen oder der anmachende Blick, um die Gunst der Kundschaft doch noch zu gewinnen. Denn schließlich geht es ja nur um Marilyn Monroe tränenersticktes Geständnis „I Wanna be loved by you“. Das darf dann auch für die Spielfiguren in prickelnder Erotik enden, wenn zur Freude des Publikums „Girls just want to have fun“ geträllert wird. Auf höchstem musikalischen Niveau, versteht sich – Kompliment an das Schauspiel-Ensemble, das von den Bühnenmusikern um Jochen Lauer, Max Popp, Marc Sauer und dem musikalischen Leiter Johannes Mitte kongenial bei über 60 Songs begleitet wird. Da durfte natürlich Meat Loafs „I’d Do Anything for Love (But i w’int do that“) ebensowenig fehlen wie Frank Sinatras „I did it my way“. Eine wilde Materialschlacht in beeindruckenden Kostümen und Masken, ausgestattet von Janin Lang, befeuert den durchgängig kurzweiligen Abend, bei dem man sich natürlich zunehmend Sorge um das drohende Müllpressen-Ende der Spielzeug-Bühnenstars machen muss. Denn leider werden sie mit fortschreitender Nacht immer mehr zu Einzelkämpfern. Doch frei nach den Bremer Stadtmusikanten macht sich die Hoffnung breit, etwas Besseres als den Tod überall zu finden, oder musikalisch ausgedrückt: „Road to Nowhere“ von den Talking Heads gibt es zum Finale. Und man braucht kein großer Prophet zu sein, um diesem Theaterabend in der Alten Feuerwache eine lange Lebensdauer vorherzusagen.
Burkhard Jellonnek