Kulturbürgermeisterin Beate Kimmel, Kaiserslautern © Stadt Kaiserslautern
OPUS: Sie sind seit November 2018 Bürgermeisterin der Stadt Kaiserslautern und auch für Kultur zuständig. Wie sehen Sie den Stellenwert der Kultur im kommunalen Kontext, aber auch überregional?
Beate Kimmel: Kultur kann Halt und Orientierung geben. Sie stärkt gerade auch den sozialen Zusammenhalt und ist damit für eine Stadtgesellschaft von unschätzbarem Wert. Mit einem herausragenden Kulturangebot wie in Kaiserslautern besitzt eine Kommune auch überregional einen bedeutenden Anziehungspunkt mit großer Strahlkraft. Gleichzeitig stellt Kultur einen sehr wichtigen und wertvollen Standortfaktor dar, spielt bei der Ansiedlung neuer Firmen wie bei der Wohnortentscheidung junger Familien oft eine entscheidende Rolle.
OPUS: Wie hat sich der Kulturhaushalt angesichts der schwierigen Finanzlage der Stadt entwickelt?
B. K.: Kaiserslautern ringt kräftezehrend um einen ausgeglichenen Haushalt. Gerade die vermeintlich „freiwilligen Leistungen“ stehen immer wieder in der Diskussion. Wir verteidigen trotz großer Schwierigkeiten unsere Ansätze im Kulturetat. Denn Kultur ist gerade auch für mich zwingende Notwendigkeit. Nicht nur um Freude zu schenken, sondern noch viel mehr, um neue Ansichten und Denkmodelle zu eröffnen. Dabei ist es mir besonders wichtig, auch junge und ganz junge Menschen mit entsprechend auf sie zugeschnittenen Angeboten schon möglichst frühzeitig für Kunst und Kultur zu begeistern.
OPUS: Welche Ziele hatten Sie sich zu Beginn Ihrer Amtszeit gesetzt und was haben Sie realisieren können?
B. K.: Starken Kulturmachern wie Richard Müller, Kammgarn, und Dr. Christoph Dammann, Referatsdirektor Kultur, nicht zu sehr in den Füßen zu stehen (lacht). Das hat gut geklappt. Das Engagement der beiden ist großartig und ich arbeite sehr gerne mit ihnen zusammen. Nein, im Ernst: Tatsächlich wollte ich schnell mit den Kulturschaffenden in Kontakt kommen, erfahren, wo es Veränderungswünsche gibt und wie wir gemeinsam die Kulturszene stützen und voranbringen können. Gerade mit meinem neuen Format „Laut(r)er Szenen“ und zielgruppenspezifischen Szenetreffs gelingt das besonders gut. Die Treffen entwickeln eine beeindruckende Dynamik und sollen auch immer ein konkretes Ergebnis bringen, das es umzusetzen gilt. Aus dem ersten Treffen ging beispielsweise die Idee eines internationalen Fotofestivals in Kaiserslautern hervor. Die Konzeptstudie dazu ist so gut, dass uns eine Förderung in Aussicht gestellt wurde.
OPUS: Welche Kultureinrichtungen liegen Ihnen besonders am Herzen?
B. K.: Jede Kultureinrichtung mit ihrer Atmosphäre und Inspiration berührt mich positiv. Besonders schlägt mein Herz aber für das Pfalztheater, die Fruchthalle und die Kammgarn. Darüber hinaus bereitet mir ganz allgemein jeder Kontakt mit den Kunst- und Kulturschaffenden in Kaiserslautern sehr große Freude. In unserer Stadt gibt es sehr viel Potential. Um die breite Zusammensetzung der Kulturszene werden wir teilweise sogar bundesweit beneidet. Diese Stärke sichtbar zu machen und weiter zu entwickeln, ist gerade auch vor den immensen Auswirkungen der Corona-Pandemie eine besondere Herausforderung und mir auch ganz persönlich eine Herzensangelegenheit.
OPUS: Was bedeutet es für Kaiserslautern, auch Sitz eines Regionalstudios des Südwestrundfunks (SWR) zu sein?
B. K.: Kaiserslautern hat den großen Vorteil – neben vielen wertvollen Einrichtungen besonders des Bezirksverbandes Pfalz – auch ein Studio des Südwestrundfunks zu haben. Alleine über die dadurch noch engere Nähe zur Deutschen Radiophilharmonie Saarbrücken Kaiserslautern mit ihren wundervollen Sinfonie- und „Sonntags um 5“-Konzerten in der Fruchthalle sowie dem grandiosen Format „Konzert à la carte“ im Studio des SWR, die ich alle nur unbedingt weiterempfehlen kann, ist der SWR von unschätzbarem Wert für unsere Stadt. Großer Beliebtheit erfreuen sich auch die Formate „Musik für junge Ohren“ und die Krabbelkonzerte, die dank des Rundfunk-Orchesters mit schöner Regelmäßigkeit in jeder Konzertsaison stattfinden.
OPUS: Welche Rolle spielt die Freie Kulturszene in der Stadt?
B. K.: Die freie Szene bereichert das Kulturleben unserer Stadt ganz ungemein. Von anspruchsvoller Kleinkunst über großartige Zusammenschlüsse wie der Künstlerwerkgemeinschaft bis zu hochkarätigen Musikclubs wie Benderhof, Salon Schmidt oder das Hardrockcafé – Kaiserslautern bietet viel und trägt mit einem kreativen Klima sehr zur Innovationsfreude des Standorts bei. Eine rege Gründungsszene zeugt davon. Nicht unerwähnt bleiben darf in diesem Zusammenhang auch unsere Kammgarn, die national wie international einen hervorragenden Ruf genießt und auch der Freien Szene eine große Bühne bietet.
OPUS: Welche Funktion und Bedeutung messen Sie der kulturellen Bildung zu, an den Schulen aber auch in Vereinen und im gesellschaftlichen Bereich?
B.K.: Kulturelle Bildung ist für mich der Schlüssel zu einem entspannten, freudvollen lebenslangen Lernen. Die Erfahrungsräume, die über Kunst und Kultur geschaffen werden können, geben ohne Bewertung Selbstbewusstsein und eröffnen neue Denkansätze. Kultur kann niedrigschwellig den Zugang zu Bildung ermöglichen und Werte vermitteln. Ich bin froh und dankbar, das Bildungsbüro unserer Stadt in meiner Zuständigkeit zu wissen, das kompetent vielfältige Formate entwickelt. Von einem transparenten Bildungsstadtplan über die sehr erfolgreiche städtische Sommerschule zu ganz vielen überzeugenden Projekten finden wir immer mehr Mitwirkende für außerschulische Bildungsangebote.
OPUS: Was machen Sie in Ihrer Freizeit am liebsten?
B. K.: Richtig viel Freizeit bleibt bei meinem Amt nicht. Aber da auch häufig ein Konzertbesuch oder eine Ausstellungseröffnung zu meinen Aufgaben gehört, habe ich es wirklich fein getroffen. Privat verbringe ich am liebsten Zeit mit meiner Familie oder Freund:innen, gerne auch bei einem leckeren Essen. Ein schönes Gespräch, vielleicht in Kombination mit einem Spaziergang mit unserem Hund, so etwas erdet mich. Ich lese viel und schwimme regelmäßig. Darüber hinaus habe ich in den letzten Jahren große Freude am Action Painting gefunden (lacht). Kunstvoll sind meine Bilder nicht, aber es steckt viel Power in der Entstehung.
Das Gespräch führte Kurt Bohr für das OPUS Kulturamagazin Nr. 90 (März/April 2022)