Foto: Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer © Scheer GmbH
Interview mit Professor Dr. August-Wilhelm Scheer von der Groovin High Group, die am 17.4. im Rahmen des Jazz-Abends des Saarklang Festivals ein Streaming-Konzert geben wird.
Frage: Im Saarland sind Sie insbesondere bekannt als erfolgreicher Unternehmer und Wissenschaftler. Doch Sie haben es geschafft daneben noch ein erfolgreicher Jazz-Musiker zu sein. Wie sind Sie zur Musik und vor allem zum Baritonsaxophon gekommen? Hat Sie ein bestimmter Künstler inspiriert? Welche Stilrichtungen des Jazz präferieren Sie?
Antwort: Mich hat das Jazz-Bazillus schon als Jugendlicher erfasst. Nachdem ich zunächst Blockflöte und Klavierstunden über mich habe ergehen lassen müssen, habe ich mir mit 17 Jahren von selbst verdientem Geld ein Saxophon gekauft. Dieses Instrument hat mich vor allem durch seinen variablen Klang angesprochen. Besonders hat mich der Baritonsaxophonist Gerry Mulligan begeistert. Er ist quasi mein großes Vorbild gewesen. Allerdings konnte ich mir ein Baritonsaxophon damals nicht leisten und habe deshalb zunächst mit einem Tenorsaxophon angefangen. Als Stilrichtung interessiert mich heute der Postbop und auch Teile der freien Improvisation. Diese Stilrichtungen verfolgen wir deshalb auch in der Band Groovin‘ High.
F: Oft musizieren Sie mit Jazz-Musikern aus der ganzen Welt. Wie kommt der Kontakt zu den Künstlern zustande und wie finden sich Ensembles wie „Groovin‘ High“ zusammen?
A: Durch den Saxophonisten Johannes Müller als unser musikalischer Leiter von Groovin‘ High, erreichen wir interessante junge Musiker der Szene. Internationale Musiker wie Randy Brecker habe ich auch durch meinen amerikanischen Freund Mathias Kirchmer kennengelernt. Aber kennt man erst einmal einen gut verdrahteten Musiker der Szene, dann kennt man auch viele andere.
F: Wenn Sie an Ihre Konzerte zurückdenken: Was war Ihr außergewöhnlichstes musikalisches Erlebnis?
A: Ein außergewöhnliches Ereignis war für mich die Aufnahme der CD mit Titeln von Thelonious Monk in New York. Neben Randy Brecker spielte auch die Jazz-Legende Jimmy Cobb am Schlagzeug. Er war das letzte noch lebende Mitglied der Miles Davis Band, die 1959 die CD „Kind of Blue“ aufgenommen hat. Wir haben anschließend in Deutschland in einer viel beachteten Tournee unsere CD live vorgestellt.
F: Gerade in dieser besonderen und außergewöhnlichen Zeit, die nicht nur die Wirtschaft, sondern noch viel mehr unsere Kulturlandschaft langfristig verändern wird, stellt sich die Frage: Wie wirkt sich Ihrer Erfahrung nach ein Konzert ohne Publikum auf die Musik, Ihre Improvisationen und das Spielgefühl aus? Hatten Sie trotzdem genauso viel Spaß am Spielen?
A: Natürlich ist es inspirierender, wenn man live vor einem Publikum spielen kann. Die Kommunikation zwischen Musikern und Zuhörern ist gerade im Jazz mit seiner spontanen Improvisation besonders wichtig.
Für die Corona-Zeit war es wichtig, ein Live Streaming anbieten zu können. Jeder Auftritt motiviert zum Üben und Proben. Allein um das musikalische Niveau zu halten, waren und sind die Streamings wichtig.
F: Wie sehen Sie die Zukunft von Livestreams und einer Rückkehr zum „normalen Konzertbetrieb“ nach dem Lockdown?
A: Das Live Streaming wird auch nach Corona seine Bedeutung behalten. Die Musiker erreichen eine viel größere Zuhörerschaft. Und die Veranstaltung ist auch leichter zu organisieren, als ein Live-Konzert. Durch die in Zukunft größeren Übertragungsgeschwindigkeiten kann man sich auch vorstellen, dass Live Streamings von Musikern produziert werden, die sich an verschiedenen Orten befinden. Mit einem Konzertbesuch sind aber über den Musikgenuss hinaus auch weitere Erlebnisse wie soziale Kontakte und die gesamte Live-Atmosphäre einer Lokation verbunden. Diese ist ja gerade im Jazz mit einem besonderen Flair verbunden. Deshalb bin ich überzeugt, dass sowohl Inhaber von Jazzbars sowie Jazz-Musiker und das Jazz-Publikum heiß darauf sind, dass endlich das Konzertleben wieder beginnen kann.
Das Interview führte das Orgateam des Saarklang Festivals.