Die Trierer Schauspielerin Davina Donaldson © Jan Niklas Berg
„Ich will mich weiterentwickeln und dazulernen“, sagt sie. Und damit ist in einen knappen Satz gefasst, was man als elementare Triebkraft im Leben von Davina Donaldson bezeichnen kann. Dynamik und Entschlossenheit strahlt sie auch an diesem Nachmittag aus, an dem die Sonne geradezu unbotmäßig brennt für einen frühen Apriltag. Mit ihrem roten Fahrrad ist sie zum Treffen gekommen. Eine lebendige und wache Partnerin mit offenem Blick bleibt sie auch im Gespräch. Dabei eine Nachdenkliche, die sorgfältig überdenkt, was sie hört und mit jeder Entgegnung neue Impulse gibt. Seit der Spielzeit 2019/20 ist die 1988 geborene, aus Mönchengladbach stammende Schauspielerin Ensemble-Mitglied am Theater Trier. Zuletzt bewegte sie dort als anrührende Adoptivtochter Recha in Lessings berühmtem Toleranz-Drama „Nathan der Weise“. Ihre Luise in Schillers „Kabale und Liebe“ fiel vorerst der Pandemie zum Opfer.
Der „Nathan“ ist bekanntlich ein aufklärerisches Werk. Die komplexen, widersprüchlichen Verhältnisse der Welt zu durchschauen oder sich ihnen zumindest zu nähern, hat sich auch Davina Donaldson aufgemacht. Ihr Interesse an der Vielgestaltigkeit menschlicher Lebensentwürfe und der Vielfalt von Charakteren hat sie schließlich ans Theater gebracht. „Ich bin am Menschen und seiner Lebenswirklichkeit interessiert“, fasst sie derart ihren Wunsch zusammen, das menschliche Universum auszuschreiten. Dessen Vielfarbigkeit, Polyvalenzen und Verstrickungen will sie auf der Bühne zur Sprache bringen und ihnen Ausdruck verleihen. Bevor sie als Profi auf der Bühne stand, war allerdings noch einiges los im Leben der Tochter einer Deutschen und eines Jamaikaners. In Düsseldorf studierte sie Germanistik und Spanisch und engagierte sich im Studierendentheater. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin arbeitete sie anschließend in einem Essener Kulturzentrum und betreute freie Theaterprojekte. Bis irgendwann feststand: „Wenn ich nicht selbst spiele, werde ich unzufrieden“.
In der traditionsreichen privaten Kölner Schauspielschule DER KELLER absolvierte sie schließlich ihre Schauspielausbildung. Zu einem Schlüsselerlebnis wurde für sie die Begegnung mit Hugo von Hofmannsthals Tragödie „Elektra“. Bis heute bleibt für die Künstlerin gültig, was sie damals überwältigte: „Wenn mich etwas tief berührt, wächst, arbeitet und wirkt es in mir. Ich fühle mich lebendig“. Sich Freiraum für die eigene Kreativität vorzubehalten und sich dennoch „in den Dienst des Werks und der Rolle“ zu stellen, ist der Schauspielerin wesentlich, die inzwischen auch über Film- und Fernseherfahrung verfügt. „Ich will mich auf die Energie einlassen, die ein Werk und einen Text wichtig machen“, sagt die Künstlerin. Eine Geschichtenerzählerin will sie sein, die ihr Publikum berührt und Denkanstöße gibt. Als dunkelhäutige Frau hat die Schauspielerin immer wieder latenten und verbalen Rassismus erfahren, allerdings kaum am Theater, wie sie erzählt. In Trier habe man sie offen und vorbehaltlos empfangen. Gleichwohl weiß auch Davina Donaldson: „Man muss wachsam und achtsam bleiben.“ Es sei wichtig, Missstände aufzudecken und Klarheit zu schaffen, um Vertrauen aufzubauen und das Gefühl von Zugehörigkeit. Das brauche Zeit. Fest steht für die Künstlerin: „Misstrauen und Aggression sind kein Nährboden, aus dem gesundes Neues wächst.“
Eva-Maria Reuther im OPUS Kulturmagazin Nr. 85 (Mai / Juni 2021)