Das Ensemble bei „Jack the Ripper“ im Zelttheater Merzig © Musik und Theater Merzig, Foto: Rolf Ruppenthal
Zurück in seiner Heimat Saarland: Nach sieben Jahren Abstinenz kehrt Musical-Komponist Frank Nimsgern zurück auf eine hiesige Bühne. Der in Sachen Musical mit jahrelang laufenden Shows im Berliner Friedrichstadt-Palast gehypte und von der Süddeutschen Zeitung als ein „deutscher Komponist mit Weltformat“ gerade geadelte Nimsgern hat sich mit dem von ihm komponierten und vor dem Jahreswechsel am Theater Hof uraufgeführten Musical „Jack the Ripper“ bei seinen zahlreichen saarländischen Fans zurückgemeldet. Im Zelttheater Merzig, beim Musiker-Kollegen Joachim Arnold, gehen insgesamt 8 Aufführungen nur noch mit Restkarten über die Bühne – der typische Nimsgern-Sound zieht noch immer sein treues Publikum. Zumal sich Frank Nimsgern mit der gruseligen und nie aufgeklärten Story um den wohl berühmtesten Frauenmörder, Londons nie gefassten Serientäter Jack the Ripper, eine hochspannende Geschichte für sein zweieinhalbstündiges Projekt ausgesucht hat.
Jack the Ripper, dessen Spuren man bis in die Kreise des englischen Königshauses vermutete, ging dem schwerfälligen Scotland Yard immer wieder durch die Lappen, zumal diese mehr nach einem zielgruppenspezifischen Täter als Sündenbock aus dem krisengeschüttelten Stadtteil Whitechapel suchten. Nimsgern und sein Autor Reinhardt Friese zeigen diese Täter-Jagd nach verdächtigen Juden oder Behinderten wie den Elefantenmenschen, so kommt die Story mit ihren antisemitischen Vorurteilen oder anderen minderheitenfeindlichen Stereotypen für heutige Betrachter sehr aktuell daher. Inspektor Abberline (Leon van Leeuwenberg), der nicht nur für die von ihm heimlich verehrte Prostituierte Marie Jane Kelly (mit souliger Stimme Terja Diava als stimmgewaltige Powerfrau des Abends) ein Herz zeigt, während Inspector Warren (einmal mehr sehr zuverlässig und präsent Darius Merstein) und Hanks (überzeugend: Martin Lemar) nach einfachen und ermittlungstechnisch nicht zielführenden Täterprofilen suchen. Komponist Frank Nimsgern setzt in seinem Ensemble zurecht vertrauensvoll auf weitere saarländische Kräfte wie Svenja Meyer, Henriette Schreiner oder Inna Herrmann und natürlich auf Aino Laos, die als Lady Queen den rockig-markigen Akzent des Abends besorgt.
Frank Nimsgern setzt auf Tempo wie Gefühl
Fetzig-rockige Titel wechseln auf der kleinen Zelttheater-Bühne mit einfühlsamen Musical-Titeln, die unter die Haut gehen. Das alles in einem atemberaubenden Tempo! Nicht allein die Schauplatzwechsel vom Polizeibüro in die Wirtshausspelunke zurück auf die Straße fordern sowohl vom Ensemble wie von der Technik-Crew hinter der Bühne ein Höchstmaß an Einsatz bei gleichzeitiger Konzentration. Mit einer sicher dem übersichtlichen Etat geschuldeten, knapp bemessenen Probezeit konnte der musical-erfahrene Regisseur Klaus Seiffert dennoch eine eindrucksvolle Show mit viel Tanz-Einlagen auf die Bühne bringen, die das Publikum sichtlich begeisterte und der Band um Frank Nimsgern mit der beeindruckenden Violinistin Jessica Ling, Stefan Engelmann (Bass), Manuel Krass (Keyboard) und Kevin Naßhan (Schlagzeug) einen Zugabenteil zum Schluss abforderte, der die Stimmung im ohnehin heißen Zelt auf den gefühlten Siedepunkt brachte. Der Frank-Nimsgern-Sound, unverkennbar, war einmal mehr den Besuch in Merzig wert. Vielleicht sollte Staatstheater-Intendant Bodo Busse doch noch einmal über ein Engagement des Musical-Stars nachdenken – damit es aus saarländischer Sicht nicht nur beim Export-Schlager Nimsgern bleibt.
Burkhard Jellonnek
Jack the Ripper, noch bis 25. Juni 2023 im Zelttheater Merzig
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