Ausstellung 1000 Tücher, Tufa Trier © Foto: Anna S. Brägger
(red.) Die Artothek und die Ausstellungsräume der Tuchfabrik Trier mussten aus Vorsichtsmaßnahmen gegen das Corona-Virus seit Mitte März schließen. Nun gibt es endlich gute Nachrichten für Kunstinteressierte: Ab dem 11.05.2020 hat sowohl die Artothek der Tufa, die originale Kunstwerke nach dem Prinzip einer Bibliothek zum Ausleihen anbietet, wie auch der Ausstellungsraum im 2. Obergeschoss wieder geöffnet. Aktuell zu sehen ist die Ausstellung ‚1000 Tücher gegen das Vergessen‘, die sich mit den Folgen der Jugoslawien-Kriege Anfang der 1990er künstlerisch auseinandersetzt. Der Ausstellungszeitraum wurde aufgrund der Schließung bis einschließlich 28.06.2020 verlängert.
Besucher*innen müssen jedoch aufgrund der aktuellen Situation vorrübergehend angepassten Öffnungszeiten beachten: Die Ausstellung und die Artothek sind Montag bis Freitag von 14 bis 18 Uhr geöffnet, an Wochenenden und Feiertagen bleibt vorerst geschlossen.
Die Tuchfabrik Trier freut sich sehr, nach der vollständigen Schließung wieder Besucher*innen empfangen zu können, allerdings sind auch hier die üblichen Hygiene- und Abstandregeln einzuhalten. Das Tragen eines Mund- und Nasenschutzes ist verpflichtend, ebenso wie das Einhalten des Mindestabstandes von 1,5 Metern, zusätzlich gibt es am Ein- und Ausgang die Möglichkeit der Händedesinfektion. Gruppenbesuche oder Führungen durch die Ausstellung sind aktuell nicht möglich, lediglich Einzelpersonen, Paare oder Familien, die in einem Haushalt leben, sind gestattet.
Leihscheine für die Artothek werden ausschließlich elektronisch durch das Personal der Tufa Trier ausgefüllt, ebenso ist das Bezahlen der Leihgebühr in bar vorerst nicht mehr möglich, eine Bezahlung erfolgt vorerst nur per Rechnung, um unnötige Kontakte zu vermeiden.
Auch auf den üblichen Ausstellungseintritt von 2 € wird aus hygienischen Gründen vorerst verzichtet, Besucher*innen haben jedoch die Möglichkeit, freiwilligen Eintritt zu zahlen. Hierfür wurde eine entsprechende Spendenbox angebracht.
Zur Ausstellung
Das Ende des 2. Weltkrieges ist in diesem Jahr 75 Jahre her. Umso mehr schockiert es, dass vor 25 Jahren auf europäischem Boden das größte Kriegsverbrechen seit den Taten im 2. Weltkrieg stattfand: Das Massaker von Srebrenica.
Der schreckliche Höhepunkt der Jugoslawienkriege, die Anfang der 1990er entbrannten, kostete über 8.000 Menschen das Leben. Der Krieg forderte unzählige Opfer, deren Schicksal bis heute noch nicht vollständig aufgeklärt ist, er zerriss Familien und Gemeinschaften und löste eine Fluchtbewegung aus. Nachbarn haben hier Nachbarn bekämpft, Volksgruppen, die zuvor Jahrzehnte friedlich zusammengelebt hatten, wurden von nationalistischen Parteien aufeinandergehetzt. Das Fazit der Jugoslawienkriege sind weit über 100.000 Tote und eine Region, deren Wunden bis heute nicht verheilt sind.
Zum 35-jährigen Bestehen möchte die Tufa Trier den Blick über den Tellerrand hinaus wagen und sich mit dem Konflikt und Balkanregion künstlerisch auseinander setzen, aber auch die Krieg, Flucht und Trauer im allgemeinen thematisieren.
Vom 6. März bis zum 28. Juni zeigt die Tufa daher die Ausstellung „1000 Tücher gegen das Vergessen“, ein soziokulturelles Ausstellungsprojekt, das die Künstlerin Anna S. Brägger gemeinsam mit kriegstraumatisierten Frauen aus dem Westbalkan in Berlin entwickelt hat. Die Frauen haben Tücher mit den Namen, Lebensdaten und Lieblingsmotiven ihrer ermordeten Freunde und Familienmitglieder bestickt und diese Tücher zu einer mittlerweile 47 Meter langen „Rolle des Gedenkens“ zusammengefügt. In Trier wird die Rolle des Gedenkens mit Texten zum Zeitgeschehen, Hörstationen mit den Lebensberichten der Frauen und Landschaftsfotografien von Nino Nihad Pusica ausgestellt. Anna S. Brägger ist über einen langen Zeitraum in der Ausstellung präsent und bietet ein Offenes Sticken an. Interessierte sind eingeladen, gemeinsam mit Frau Brägger an der Ausstellung weiterzuarbeiten, indem sie Tücher vorbereiten, auf denen Betroffene die Lebensdaten von Verstorbenen festhalten können oder ggf. selber ein neues Schicksal für die Rolle des Gedenkens festhalten. So wächst die Rolle des Gedenkens stetig weiter.