Am 15. April hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsident*innen der Länder über das weitere Vorgehen im Angesicht der Corona-Pandemie beraten. Das Ergebnis ist ein Kompromiss, der für Unverständnis sorgt.
Buchhandlungen dürfen aufatmen: Ab dem 20. April können sie wieder ihre Türen öffnen – unter Einhaltung diverser Sicherheitsstandards, versteht sich. Zahlreiche inhhaber*innengeführte Buchhandlungen hatten auf Lieferservices umgestellt, damit die Einnahmen nicht gänzlich wegbrechen. Nun dürfen sie ihre Kunden wieder vor Ort beraten und den Verkauf aufnehmen. Und das – im Gegensatz zu anderen Geschäften – auch bei einer Ladenfläche von mehr als 800 qm. Es ist eben diese Flächenregelung, die für Willkür-Vorwürfe sorgt: Warum müssen größere Geschäfte, in denen sich Kund*innen doch besser verteilen und die Sicherheitsabstände einhalten könnten, weiterhin geschlossen bleiben? Und noch unverständlicher: Warum sind einzelne Branchen von dieser Regelung ausgenommen?
Für kulturelle Einrichtungen ergaben sich aus der Konferenz keine Neuerungen – obwohl sie zu den Hauptleidtragenden der Krise gehören. Dass große Konzert-, Schauspiel- und Opernhäuser sowie Kinos noch geschlossen bleiben müssen, mag ja verständlich sein. Zum Besuch einer Aufführung wären alle Besucher*innen gleichzeitig vor Ort. Es wäre vermutlich schwierig, die Sicherheitsmaßnahmen umzusetzen – auch für die Künstler*innen, die auf der Bühne keinen Mundschutz tragen könnten und auf physische Interaktion bei den meisten Stücken angewiesen sind.
Warum allerdings auch Museen weiterhin geschlossen bleiben sollen, ist nicht nachvollziehbar. Ohne Umstrukturierung in den Arbeitsabläufen wäre es problemlos möglich, eine maximale Besucher*innenzahl festzulegen und diese zuverlässig zu kontrollieren. Die meisten Museen bestehen aus mehreren Räumen und verfügen über eine große Fläche, auf der sich Kunstliebhaber*innen einfach aus dem Weg gehen könnten. Zum Schutz der Exponate verfügt jedes Museum außerdem über Aufsichtspersonal. Dessen Aufgabenbereich dahingehend auszuweiten, dass auch das Einhalten der Sicherheitsabstände überprüft wird, würde kaum einen Mehraufwand bedeuten.
Selbstverständlich sind die Bemühungen, den Handel – und gerade kleinere Geschäfte – aus dieser wirtschaftlich belastenden Situation zu befreien, zu begrüßen. Dass die Kulturbranche dabei nicht einmal Erwähnung findet, ist jedoch ein schwerwiegendes Versäumnis.
Tanja Block