Gerard Jones © Neil Gillespie
Herr Jones, diesen Winter inszenieren Sie in Mainz Puccinis Manon Lescaut, gehört dieses Dramma lirico bereits zu Ihrem Repertoire?
Dies wird mein erstes Mal sein, dass ich Regie bei dieser Oper führe, obwohl es ein Stück ist, das ich seit Jahren kenne. Ich sah die Oper erstmals als ich ca. 13 oder 14 Jahre alt war, bereits damals kannte ich sie gut. Ich habe Puccini schon immer geliebt. Ich fühle mich dem Stück auch deshalb besonders nahe, weil ich an einem Regiewettbewerb teilgenommen habe (und den 1. Preis gewann), dessen Thema Manon Lescaut war. Die Arbeiten im Vorfeld des Wettbewerbs und die Vorbereitung dieser Produktion liegen nicht lange zurück.
Was können Sie uns über Ihre Konzeption verraten?
Ich möchte nicht zu viel verraten, aber ich würde sagen, es ist eine Oper, in der es um Transformation geht. Sie zeigt die Entwicklung des Lebens einer Frau durch eine Gesellschaft, die Sexualität, Schönheit und Unabhängigkeit verehrt und dämonisiert. Ich möchte die Geschichte in einer Gesellschaft zeigen, wie sie noch heute Realität werden könnte, in der Sexismus durch alle Gesellschaftsschichten geht.
Haben Sie bereits mit dem Mainzer Ensemble gearbeitet?
Nein, dies ist meine erste Zusammenarbeit mit dem Ensemble – und ich bin begeistert, dass es ein so lebendiges und talentiertes Ensemble ist.
Ich habe gesehen, dass Sie Manon Lescaut auch in Pozna? auf die Bühne bringen, haben Sie für beide Produktionen unterschiedliche Konzepte in Planung?
Ja, das ist so. Eine sehr ungewöhnliche Herausforderung, die wohl nur eine Kunstform wie die Oper einem Künstler bieten kann: Diese Kernstücke des Repertoires sind so stark, dass sie völlig unterschiedlich behandelt werden können. Das schwierigste Element in Manon Lescaut ist die historische Realität der Deportation in die Kolonien. Für die Mainzer Produktion war dieses Element das zentrale Problem. In Polen geht die Inszenierung in eine ganz andere Richtung!
Was möchte Ihre Inszenierung dem Publikum vermitteln?
Das Publikum sollte das Gefühl bekommen, eine Achterbahn namens „Manon“ durch alle Gesellschaftsschichten und Emotionen zu fahren, von den Höhen des Luxus und der Romantik bis hinunter in die Tiefen des Schreckens und der Hoffnungslosigkeit. Ich möchte, dass das Publikum an einer nachhaltigen Nahaufnahme einer Liebesaffäre teilnimmt. Und wenn es mir gelingt, eine nicht moralisierende, nicht urteilende und nicht verurteilende Beziehung zu dem Stück und seinen Figuren zu vermitteln, werde ich das Gefühl haben, dass es mir gelungen ist, meine Mission zu erfüllen, diesem erstaunlichen Stück Leben einzuhauchen.
Margret Scharrer im OPUS Kulturmagazin Nr. 77 (Januar / Februar 2020), S. 103 f.
Premiere von Manon Lescaut ist am 31.1., weitere Aufführungen: 6.2., 10. und 28.3. sowie am 8. und 12.4.
Weitere Informationen: www.staatstheater-mainz.com