Der direkt von Dinos abstammende, dämmerungs- und nachtaktive Kasuar ist ein Laufvogel, der tief im Wald von Neuguinea und Australien lebt und weltweit noch wenig erforscht ist. © MNHN
Mit der aktuellen Ausstellung über die Vogelwelt schießt das Luxemburger Naturmusée sprichwörtlich den Vogel ab. Kein Tier ist so gegenwärtig in Natur und Kultur, keine andere Gattung erscheint so geheimnisvoll und unergründlich wie die der gefederten Flugtiere. Vom Wohlklang der Stimmen niedlicher Liebesvögel im Käfig bis hin zum tückischen Angriff der apokalyptischen Vogelscharen in Hitchcocks Kinoklassiker „Die Vögel“ bietet keine andere Tierart ein vergleichbares verhaltensbiologisches Spektrum.
Wer nicht gerade ein passionierter Birdwatcher ist, hat heute kaum Gelegenheit, Vögel in ihrer natürlichen Umgebung zu beobachten. Die Zerstörung der Lebensräume, der Pestizideinsatz und die Jagd machen es immer schwieriger, seltene Arten in der Natur zu beobachten. Im naturgeschichtlichen Museum haben Amateure und Liebhaber nun die Möglichkeit zum Forscher der Vogelwelt zu werden und uns mit deren Verhaltensweisen zu Lande, im Wasser und in der Luft zu beschäftigen. Das Museum mit seiner in der Großregion historisch wichtigsten naturhistorischen Sammlung indessen betreibt Feldforschung, und erfasst mittels genauer DNA-Analysen Veränderungen der Biodiversität. Als Verantwortliche für das Luxemburger Inventar der Biodiversität dokumentiert das Naturmusée nicht nur das Aussterben von Arten, sondern liefert auch wichtige Grundlagen für die Entwicklung von Naturschutzstrategien. Viele Erkenntnisse gehen auf die seit 2016 unternommene wissenschaftliche Erforschung der in der Großregion einzigartigen Vogelsammlung des naturhistorischen Museums zurück, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts kontinuierlich aufgebaut wurde.
Bereits 1850 begann der Sammlungsaufbau mit der Gründung der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft in Luxemburg, die zahlreiche Spenden von Privatleuten einwarb und schon 1854 im Luxemburger Athenäum museal präsentierte. Sie legte Zeugnis ab vom Bildungsbestreben großbürgerlicher Kreise. Als einzige museumsreife Sammlung neben dem Bestand aus den archäologischen Ausgrabungen ist die Vogelsammlung insofern beachtlich, als es sich nicht um eine Heimat- sondern eine Studiensammlung mit ornithologischem Anspruch handelte, die bereits mehr als 800 Vögel besaß.
Nachdem die Sammlungen in den ehemaligen Vauban Kasernen und dem Mansfelder Schloss gezeigt wurden, bildeten sie eine wesentliche Grundlage des Naturmusée, werden jedoch erst seit April 2016 sammlungshistorisch erschlossen und wissenschaftlich bearbeitet. Die Vögel des Naturmusée stammen aus allen Kontinenten. Bei den meisten Exemplaren handelt es sich um präparierte Vögel, die sich bestens für Ausstellungen eignen. Bälge, Eier, Nester, Skelette und Rupfungen vervollständigen die Sammlung. Besonders wertvolle Präparate stammen aus der Zeit vom Ende des 19. bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Bestimmungen wurden überprüft und 3800 Exemplare von 1482 Arten verzeichnet und dokumentiert. Dabei kam man zur Erkenntnis, dass die Luxemburger Sammlung rund 14 % aller bekannten Vogelarten aufweist, darunter einige Vögel von großer wissenschaftlicher Bedeutung.
Stefanie Zutter im OPUS Kulturmagazin 76 (November / Dezember 2019) auf S. 57. Weitere Beiträge zu Ausstellungen und Museen finden Sie in der Rubrik „Farben und Formen“.
Info: http://www.mnhn.lu