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Saarländisches Staatstheater, Sparte4

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„Die Bettwurst“ in Sparte4 mit (von links) Thorsten Köhler, Michi Wischniowski, Christiane Motter und Jan Hutter. © Saarländisches Staatstheater, Martin Kaufhold

 

Den Unsichtbaren ein Gesicht gegeben

von Burkhard Jellonnek

Nicolas Mathieus Erfolgsroman „Bettwurst“ auf Bühne

Der Nazi-Paragraph 175 war gerade erst gefallen, da drehte der schon damals bekennende Schwule Rosa von Praunheim seinen Skandalfilm „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ und wurde zum Wegbereiter der queeren Emanzipationsbewegung. Praunheim legte sofort nach: Sein zweiter Spielfilm „Die Bettwurst“ erlangte Kultstatus und festigte den Ruf des engagierten Filmemachers als Bürgerschreck bis auf den heutigen Tag. Sein Credo von der unbändigen Kraft der Liebe macht auch im norddeutsch kühlen Kiel vor einer schwulen Tunte nicht halt, die sich ihrer kriminellen Vergangenheit durch eine bürgerliche Liebschaft mit der Heterofrau Luzi retten möchte. Zum Problem könnten da die erotischen Pflichten werden: Rosa von Praunheim hat vor einem guten Jahr den 1971 ob seiner Laiendarsteller verstörenden Film mit seiner Tante Luzi Kryn und dem aus der „Stricherszene“ gecasteten Dietmar Kracht um eine Musical-Fassung erweitert, die vor wenigen Monaten in Berlins „Bar der Vernunft“ ihre umjubelte Uraufführung feierte. Nun also der 2. Aufschlag in Saarbrückens Sparte4, inszeniert von Paul Spittler. Der machte den Sparte4-Chef Thomas Köhler zu seinem Hauptdarsteller Dietmar, der alle Register zog und keine Anspielung auf seinen schwulen Hintergrund ausließ. Dennoch fuhr Christiane Motter als „Luzi“ auf den Charme des stets Ostsee und Nordsee verwechselnden Schönlings ab und ließ Dietmar nach der Verlobung nicht mehr aus ihren Fängen. Thorsten Köhler gibt seinen Dietmar nie als billige Parodie preis und Christiane Motter spielt die Luzi mit einem Hauch von Elisabeth Wiedemann-Unterton, herrlich!
Dass die Mär vom heterosexuellen Traumpaar nicht aufgehen konnte und zur frivolen Höllenfahrt wird, kostet Praunheim genüsslich aus, zumal der Chor mit Laura Trapp, Jan Hutter und Michi Wischniowski keine Anzüglichkeit oder Zote auslässt. Da wird die Bettwurst längst nicht auf ihre Aufgabe als Nackenrolle reduziert, sondern fungiert als wahrhaft wandlungsfähiges Liebes- Spielzeug! Den mitreißenden Drive bekommt der Abend auch durch die Arrangements und Spielfreudigkeit der musikalischen Begleitung von Achim Schneider, Jochen Lauer und Cordula Hamacher, die die Schlager-Seeligkeit der 1970er und 80er-Jahre auferstehen lassen und in den begeisterten Premieren-Applaus münden lassen. Mit der Bettwurst hat die Sparte4 auch über diese Spielzeit hinaus ihren Publikumsmagneten gefunden!

Weitere Informationen:
www.staatstheater.saarland

 

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