v.l.n.r.: Florian Voigt, Micheal Hiller und Tamara Theisen © Martin Kaufhold
Im Theater Trier hatte die Komödie „Kardinalfehler“ Premiere
von Eva-Maria Reuther
Das Lachen über die katholische Kirche wird manchem dieser Tage vergangen sein. Obwohl es wohlfeil ist. Angesichts immer neuer Enthüllungen und Skandale geht auch in der letzten Satire-Sendung nichts ohne die epochale Krise der Kirche Roms. Deren verheerender Schaden braucht für den Spott nun wirklich nicht mehr zu sorgen. Nun also auch das Theater Trier. Eine Komödie mit dem Titel „Kardinalfehler“ hat das Haus im vorigen Jahr bei dem britischen Satiriker Alistair Beaton und seinem deutschen Kollegen Dietmar Jacobs in Auftrag gegeben. Jetzt hatte das Gemeinschaftswerk im Theater am Augustinerhof Premiere.
Inszeniert hat die Uraufführung Intendant Manfred Langner. Bereits vorher war die Komödie, an der die beiden Autoren dem Vernehmen nach der Aktualität wegen bis zum letzten Tag vor der Erstaufführung arbeiteten, in zwei gut besuchten Previews vorgestellt worden. Auch zur Premiere war das Haus voll, selbst Ministerpräsidentin Malu Dreyer war im Saal. Was die Auslastung betrifft also gute Nachrichten. Hinsichtlich der Inszenierung sind sie weit weniger erfreulich. Dazu gleich. Vorab: Was darf Satire? Einmal mehr ist die alte Frage mit Kurt Tucholskys lakonischem „Alles“ zu beantworten. Zudem sind Kirchen- und Religionskritik mittels der Kunst nichts Neues. Man denke an Dostojewskis „Großinquisitor“, Hochhuths „Stellvertreter“ oder Harry Mulischs herrlich satirische Darstellung der allerheiligsten Machtzentrale in „Die Entdeckung des Himmels“. Allerdings ist nicht alles, was als Satire oder Komödie daherkommt inhaltlich und künstlerisch überzeugend, wie sich in Trier neuerlich bestätigte. Für ihren Plot haben die beiden Autoren so ziemlich alles zusammengeklaubt, was an Motiven zum Thema Kirche zur besten Sendezeit über den Bildschirm flimmerte, in „Wilsberg“, „Um Himmels Willen“, „Tatort“ oder „Pfarrer Braun“ (hätte sich Michael Hiller als Bischof Konrad Glöckner doch mal an Hans-Michael Rehberg ein Beispiel genommen). Und „Sister Act“ tanzt auch vorbei.
Die Story: In einem Bistum wird der Besuch des Papstes erwartet. Das große Reinemachen beginnt. Dafür ist wie für den reibungslosen Ablauf der Generalvikar als Mann fürs Grobe zuständig. Als Störfälle treten plötzlich eine längst verdrängte uneheliche Tochter des Bischofs auf, sowie ein schwuler idealistischer Seminarist, der unbedingt die Kirche reformieren will. Fürs finale Bereinigen sorgt schließlich der Abgesandte des Vatikans, ein eiskalter Jungmanager und PR- Mann. Der Trierer „Kardinalfehler“ hat durchaus einiges an inhaltlicher Grundsubstanz und ein paar geglückte Pointen. Gerade der Widerspruch zwischen dem unbedingten Statuserhalt institutionalisierter kirchlicher Macht und Glaubenslehre ist ein hochaktuelles Thema. Das geht in Langners Inszenierung allerdings völlig unter. Ihr fehlt gleichermaßen die Schärfe wie das „ernsthafte erhellende Lachen“. Ebenso wie die durchhörbare Trauer über die dunklen Seiten des Menschseins und seiner Konstruktionen, die auch zur Satire gehört. Stattdessen inszeniert Langner ein Spektakel, das an die krachlederne Ästhetik des Komödienstadels erinnert. Nach wenigen Minuten ist die Handlung vorhersehbar, die Klischee an Klischee reiht, einschließlich der getarnten Bar für geistliche – pardon geistige Getränke. Wer noch nicht begriffen hat, wo er sich befindet, dem hilft Beate Zoff, die die Ausstattung verantwortet, gleich eingangs mit einem Bild des Trierer Doms, dessen Türme in Schieflage geraten sind. Einen „Wink mit dem Zaunpfahl“ nennen das die wackeren Westfalen.
Der Stadel- Ästhetik widmet sich auch mit Hingabe das Bühnenpersonal. Michael Hiller gibt ohne jegliches Raffinement als Bischof Konrad Glöckner einen Oberhirten mit Kardinalsambitionen und Hang zum Luxus (ein Hinweis auf Bischof Tebartz –van Elst und seine Ausstattungsorgien). Als Sinnbild solchen Exzesses hat ihm Zoff einen Gartenstuhl von Philippe Starck (etwa 200 Euro) ins Büro gestellt. Als Generalvikar Helmut Koch kommt Michael Ophelders im Wortsinn wie sinnbildlich hemdsärmelig daher. Wenn er dem wegen seiner sündigen Vaterschaft reumütigen Bischof die Absolution erteilt, wird es allerdings peinlich. Barbara Ullmann ist mit hellblauem Kleid, Küchenschürze und bedrohlich erigiertem Küchen-Quirl eine Haushälterin wie aus einem Spielfilm der Fünfziger. Für Slapsticks ist Florian Voigt als Seminarist Matteo Nowak zuständig. Und auch Raphael Christoph Grosch bleibt als päpstlicher Reisemarschall blass trotz seiner Umtriebigkeit. Ebenso wie Tamara Theisen als Tochter, die den bischöflichen Vater sucht. Den kirchlichen Missbrauchsskandal werde man nur in „homöopathischen Dosen“ verhandeln, werden die Autoren zitiert. Ausstatterin Zoff hat dazu ein Bild an die Wand gehängt, das an Darstellungen des Heiligen Antonius von Padua erinnert und in altmeisterlicher Manier einen Geistlichen zeigt, der den Arm eines nackten Jesuskindes liebkost.
Am Ende scheint die Inszenierung der satirische Mut zu verlassen. Wenn Priesterseminarist Nowak /Voigt vor heruntergelassenem Vorhang seine Rede an den Papst probt, bei der er die Forderungen des Synodalen Wegs referiert, fühlt man sich plötzlich wie bei einer Aufführung einer Schauspielgruppe des Kirchentags. Dem Publikum gefiel`s zum großen Teil.
Weitere Vorstellungen: 29.04.,10.,26.,30.05.,jeweils 19.30 Uhr