Gastspiel aus Dresden: „Die Katze Eleonore“ © Foto: Sebastian Hoppek
Schweden ist Gastland beim diesjährigen Stückemarkt des Heidelberger Theaters. Und daher verwundert es nicht, dass auch dem Kinder- und Jugendtheater beim Newcomer-Festival besonders viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. Denn das skandinavische Land zählt in diesem Bereich zu den Pionieren. Auf der einen Seite schöpft es aus einem reichen Fundus, zum Beispiel den Klassikern wie Pippi Langstrumpf und den Märchen von Hans Christian Andersen. Auf der anderen Seite boomt aber auch die Produktion von neuen Stücken für Heranwachsende. Die Autoren brechen Tabus und scheuen selbst vor heiklen Themen nicht zurück wie der Scheidung der Eltern, Mobbing, Einsamkeit und Schulproblemen. Bereits in den 1980er-Jahren entwickelten die Macher über die herkömmliche realistische Spieltradition hinaus ein poetisches Theater.
Ebenso bemerkenswert ist, dass das schwedische Kinder- und Jugendtheater keine Generationengrenzen kennt. Die Theatersäle füllen sich nicht nur mit der eigentlichen Zielgruppe. „Die Aufführungen werden genauso selbstverständlich von Erwachsenen besucht“, schwärmt Jürgen Popig, Chefdramaturg am Heidelberger Theater. Ein Protagonist in diesem Bereich, das Backa Teatern aus Göteborg, wird beim Stückemarkt ein Gastspiel aufführen. Es spaltete sich in den 1970er-Jahren vom Stadttheater ab und zeigt seine Kinder- und Jugendstücke auch im Abendprogramm, sodass sie sogar Erwachsene ohne ihren Nachwuchs besuchen.
Von den großen Namen der Vergangenheit im schwedischen Film und Theater wie etwa August Strindberg, Ingmar Bergmann und dem erst im vergangenen Jahr verstorbenen Lars Nóren löst sich die junge Theatergeneration – auch im Erwachsenenbereich. „Es ist nicht alles grau und trist“, betont die Produktionsleiterin des Heidelberger Stückemarktes Lisa Koenen. Sexuelle Orientierung, Selbstverwirklichung, Darstellung von Körperlichkeit und Körperbildern spielten in den neuen Texten eine immer wichtigere Rolle. Und nicht nur in Schweden: Auch die deutschsprachigen Bewerbungen für den diesjährigen Autor*innenpreis fokussierten sich auf das eigene Ich und die Diversität. „Trotzdem sind einige schwedische Theater hier schon ein bisschen weiter als wir“, glaubt Koenen.
Identitätsfragen müssen dabei nicht zwangsläufig eine ernste Angelegenheit sein, sondern werden teilweise sehr humorvoll behandelt. Im Gastspiel „Die Katze Eleonore“ des Staatsschauspiels Dresden stellt die Hauptfigur, eine Immobilienmaklerin, fest, dass sie eine Katze ist. Sie beginnt nachts zu jagen, ein Fell zu tragen und zieht sich von ihren Mitmenschen zurück.
Astrid Möslinger im OPUS Kulturmagazin Nr. 96 (März / April 2023)
28.4. bis 7.5.
Was der Heidelberger Stückemarkt 2023 außerdem zu bieten hat, verraten wir Ihnen im OPUS Kulturmagazin Nr. 97 (Mai / Juni 2023)