Courage, Der grüne Tisch, die schwarzen Herren © Saarländisches Staatatheater, Foto: Bettina Stöß
„Courage!“ – Tanzabend der Extraklasse – Eine Wiederaufnahme und ein Klassiker
Nachdem die Premiere von Orpheus und Eurydike wegen unüberbrückbarer Differenzen zwischen Theaterleitung und Regisseur abgesetzt wurde, sprang die Tanzsparte ein und bot unter der Leitung von Stijn Ceelis mit tatkräftiger Unterstützung von Dramaturg Dr. Klaus Kieser (Rechtebeschaffung für die Neuinszenierung) und den Erfolgsgaranten Ballettmeister Claudio Schellini und Ballettmeisterin Eri Iwasaki einen Tanzabend der Extraklasse.
Zu Beginn ein Wiedersehen mit Antikthon, einem zeitgenössischen Musikwerk von Iannis Xenakis, das in der Choreografie von Tanzchef Stijn Ceelis im Oktober letzten Jahres uraufgeführt wurde. Für das Bühnenbild zeichnete Dirk Bausch, bekannter Künstler und Leiter der Druckerwerkstatt der Hochschule der Bildenden Künste Saar, verantwortlich, für die Kostüme Claudia Vogel. Beide sind Meisterschüler von Sigurd Rompza, dem international renommierten Vertreter der konkreten Kunst.
Das eindrucksvoll und makellos getanzte Bühnenwerk hat nichts vom Glanz der Erstaufführung verloren. Die Tanzdarbietungen sind vollkommen in Takt mit der spröden, etwas sperrigen aber dennoch brillanten Musik von Jannis Xenakis, auf die auch die abstrakt und modern designten Kostüme und das fantasievoll mit den Farben spielende Bühnenbild überzeugend abgestimmt sind.
Im Vordergrund der Choreographie stehen Zweierbeziehungen (Pas de deux), in denen Leidenschaft und Ablehnung zu erleben sind. Es gibt aber auch eindrucksvolle Ensemble-Szenen, die gesellschaftliche Widersprüche und Konflikte widerspiegeln. Herausragend und brillant die solistischen Partien von Hope Daugherty und Hyo Shimizu. Sehr stimmig auch die Beleuchtung von Björn Schöck. Lebhafter Beifall des Publikums.
Eine wahre Offenbarung war jedoch der zweite Teil des Abends: „Der grüne Tisch“ des Choreografen Kurt Jooss aus dem Jahre 1932, ein Tanzstück, das den ersten Weltkrieg reflektiert. Beklemmend aktuell wird erzählt, wie trotz politisch-diplomatischer Verhandlungen zufällig oder beabsichtigt ein Krieg entfesselt wird. Alles beginnt mit der slapstickartig inszenierten Verhandlungsszene der „schwarzen Herren“, die von zehn Tänzerinnen und Tänzern in dunklen Anzügen mit hinreißend frivolen Masken verkörpert werden. Ein Pistolenschuss während des Verhandlungspokers löst den Krieg aus, in weiteren sieben Bildern sieht man, wie Frauen von ihren in den Krieg ziehenden Männern Abschied nehmen, wie Soldaten kämpfen und ebenso wie Zivilisten sterben, wie Widerstand (einer Frau) brutal mit Exekution geahndet wird, wie Schieber sich an Gefallenen bereichern und Gevatter Tod seine Opfer in einem Totenmarsch führt. Am Ende dann Friedensverhandlungen der „schwarzen Herren“ am grünen Tisch.
Tänzerisch ist das Ganze ein Hochgenuss, bei dem sich das Tanzensemble durchweg in Höchstform präsentiert und die historisch berühmte Choreografie ideal umsetzt. Eine in sich geschlossene Gesamtleistung, bei der Kyle Davis den allgegenwärtigen Tod wuchtig und in überzeugender Manier verkörpert. Es grenzt an ein Wunder, wie es in so kurzer Zeit gelingen konnte, Kostüme und Ausstattung von anderen Bühnen und aus Museen für die Aufführung auszuleihen. Die von Jeanette Vondersaar, Claudio Schellino und Freek Damen tänzerisch optimal einstudierten ProtagonistInnen agierten empathisch und auf höchstem Niveau. Die Originalmusik zum Tanz stammt von Fritz A. Cohen und wurde am Klavier von Michael Christensen und Chi-Hsien Kuan mit beherztem Furor exzellent interpretiert, kongenial zum Bühnengeschehen. Die technische Einrichtung besorgte Berry Claassen und die stets einfühlsame Lichtführung war Hermann Markard anvertraut.
Langer und stürmischer Beifall des begeisterten Publikums. Unbedingt zu empfehlen.
Kurt Bohr