Spieler und Tod, Uraufführung in sparte4 mit Gregor Trakis und Michael Wischniowski © Martin Kaufhold, Saarländisches Staatstheater
In der dunklen Jahreszeit orchestrieren nicht zuletzt die Kirchen den Themenkalender. Allerheiligen und Allerseelen machen die Friedhöfe zu Treffpunkten, zu Erinnerungen an die Toten. Dass das Saarländische Staatstheater sich in seiner sparte4 mit einer Uraufführung mit der ungeliebten Thematik beschäftigt, liegt deshalb nicht so fern. Aber das Theater wäre nicht das Theater, wenn die zur Uraufführung gebrachte Etüde „Spieler und Tod“ von Björn SC Deigner sich mit dem Erfüllen angesagter Erwartungen begnügen würde. Denn schwermütig wird es an diesem Abend wahrlich nicht!
Der 1983 in Heidelberg geborene Theaterwissenschaftler und Dramatiker zeigt das Endspiel eines in die Jahre gekommen Schauspielers, der sich in seiner Garderobe für seinen Auftritt in einem Historienstück umzieht, während der Tod schon ums Haus schleicht und sich seinen nächsten Kandidaten ausgesucht hat. Derweil schwadroniert der alternde Theatermann über viele Rollen, in der er Bühnentode starb. Es waren nicht die großen Bühnen dieser Welt, es waren eher Remscheid und Lemgo, wo er fünfundsiebzigmal „Romeo und Julia“ gab, oder waren es am Ende, doch nur 15 Auftritte als Mercutio, wie der Mime in seiner Eitelkeit am Ende zugeben muss? „Aber gefühlt waren es mehr!“ Spielen kann er, und so legt er einige kirre Selbstmordversuche hin, um das Publikum hinters Licht zu führen. „Ist doch nur Spaß, oder?“, gibt er belustigt zum Besten. Den Tod freilich kann der Spieler damit nicht beeindrucken, seine immer neuen Volten, um Lebenszeit zu schinden, prallen an dem stummen Sensenmann ab, der als eine Mischung aus Klaus Kinski und Dr. Caligari wie in einem Stummfilm stakst und dennoch mit kleinen Gesten ungemein kommentierend wirkt. Thorsten Köhler inszeniert dieses Kammerspiel um Leben und Tod mit unglaublicher Verve, kitzelt Wortwitz und den Irrsinn mancher Situation heraus, so dass es trotz fast zweistündigem Spiels stets kurzweilig bleibt. Das liegt natürlich in erster Linie am brillanten Spiel von Gregor Trakis, der uns einen lebensbejahenden Schauspieler vor Augen führt, und Widerpart Michael Wischniowski, der ihm jederzeit Paroli leisten kann. Ein gelungener Theaterabend, der am Ende mit einem musikalischen Potpourri mit einem gesangsstarken Tod mit Songs wie „Time to say good bye“ oder „Candle in the wind“ noch einmal zusätzlich Fahrt aufnimmt und das Publikum mitreißt. Dass die Theaterleute in dieses steile Musikprogramm die Geburts- und Todesdaten zahlreicher Prominenter vergangener Jahrhunderte bebilderten, macht deutlich: „Sterben müssen (wir) alle“! Und natürlich können auch „Spieler und Tod“ mit keinen neuen Erkenntnissen aufwarten.
Burkhard Jellonnek