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Theater Trier – Kritik

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Szene aus „Kabale und Liebe“, Luise Harder als Luise Miller und Michael Hiller als Vater Miller © Martin Kaufhold

Schiller sportlich – Am Theater Trier inszeniert Rüdiger Pape „Kabale und Liebe“

Vor allem sportlich: Im Theater Trier legt Rüdiger Pape eine Inszenierung von Friedrich Schillers Drama „Kabale und Liebe“ vor, die jedem Tanz- und Fitnesstrainer alle Ehre machte. Da wird mit jeder Menge Körpereinsatz gerannt, gesprungen, getanzt und getänzelt, was das Zeug hält. Musicalmäßig gesungen wird auch noch. Was Pape Schillers bürgerlichem Trauerspiel an frischem Wind verordnet, kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier flotte Choreografie vor dramatischer Spannung und subtiler Ausdeutung geht. Selbst die offensichtliche Spiellust der Schauspieler ändert daran nichts.

Schillers Drama ist ein wütender Protest gegen Standeschranken, Unfreiheit und feudale Misswirtschaft. Als Symbol der absolutistischen Ständeordnung hat Dietmar Theßmann dem Regisseur eine mächtige Treppe auf die Bühne gebaut, deren Stufen von einem mit Säulen geschmückten Portikus bekrönt werden. Ganz oben sind die Mitglieder des Adels angesiedelt, allen voran der bei Schiller zwar unsichtbare, aber stets gegenwärtige Herzog. Dorthin gehört auch Präsident von Walter, dessen Sohn Ferdinand alle Standesschranken missachtend, sich in die bürgerliche Luise Miller verliebt, die Tochter des Stadtmusikus. Der wohnt als Bürger ganz unten. Dazwischen logiert des Herzogs Maitresse Lady Milford. Eine Setzung, die ein wunderbares Kammerspiel-Format ergeben könnte. Aber nichts davon. Auf Theßmanns Treppe geht es zu wie auf dem Bavaria Denkmal in München. Immer rauf und runter oder ab zur Seite, wenn die Spieler nicht gerade dastehen und ihren Text vortragen.

„Kabale und Liebe“ ist ein Lieblingsstück des deutschsprachigen Theaters, nicht zuletzt deshalb, weil es Unterrichtsstoff ist und somit attraktiv für den Besuch von Deutschkursen. Gleichwohl ist die traurige Geschichte vom jungen adeligen Major und der Bürgertochter, die an einer Intrige und eben jenen Standesgrenzen scheitern, weithin von der gesellschaftlichen Entwicklung überholt. Unverändert aktuell bleibt lediglich der Anspruch des Individuums auf Freiheit und Selbstbestimmtheit. Vor der weithin fehlenden Aktualität des Dramas hat sich Claus Peymann vor bald zehn Jahren in die Satire gerettet, was das adelige Personal und seine Entourage angeht. Das tut Pape in Trier auch, und bleibt dabei in Klischees stecken.

Präsident von Walter (Klaus-Michael Nix), in einen goldenen Anzug gekleidet (Kostüme Monika Seidl), spielt Golf, natürlich mit goldenem Besteck und legt mit dessen Eisen auch schon mal eine flotte Fechtnummer hin. Wenn er später in Achselhemd und Badeschlappen der Verbindung des jungen Paars zustimmt, gleicht er weniger einem Einsichtigen, als einem Familienvorstand, der nach Feierabend seine Ruhe haben will. Hofmarschall von Kalb (Paul Hess) ist als Tunte vom Dienst mit rosa Kosmetikköfferchen unterwegs. Seine Entblößung ist der peinlichste Moment der Inszenierung. Als Maitresse Lady Milford kommt recht hilflos deklamierend, Tamara Theisen schulterfrei im engen roten Kleid, gleichfarbigen High Heels und schwarzen Strümpfen daher. Und auch der sich seinem Namen entsprechend endlos windende intrigante Sekretär Wurm (Giovanni Rupp) ist eingekleidet wie eine Figur aus der Feuerzangenbowle. Aus Schillers durchaus bürgerstolzem Vater Miller macht Pape einen hemdsärmeligen Bürger in Hosenträgern, den Michael Hiller allerdings überzeugend mit aufbegehrender Vernunft und Redlichkeit ausstattet. Der dramaturgischen Verjüngung zum Opfer gefallen ist neben dem Kammerdiener leider auch die ambitionierte Mutter Miller, deren Reaktion Schiller in einer Regieanweisung entlarvend als „dumm vornehm“ bezeichnet. Lennart Hillmann ist als Ferdinand ein stürmischer Kind-Mann, der in seiner Verliebtheit, wie bei Schiller angelegt, nicht Luise, sondern sich selbst und seine Vorstellung von der Liebe liebt. Dem fällt die weit realistischere Luise zum Opfer. (Nicht ohne Grund hieß das Drama ursprünglich „Louise Millerin“.) Recht blass und bisweilen im Deklamationstheater stecken bleibt Luise Harder als Luise Miller. Selbst der finale Kopfstand verhilft da nicht zur tragischen Tiefe.

Gerade an junge Leute will sich die Inszenierung richten. Dabei unterschätzt sie allerdings gewaltig die Generation, die sich für Klimaschutz engagiert und mit 16 Jahren ihr Wahlrecht fordert.

Nächste Aufführungen: 27.11., 3.12.,19.30 Uhr, Theater Trier, Grosses Haus

Eva-Maria Reuther

Filed Under: Archiv Tagged With: Bühne

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