„Das Knurren der Milchstraße“: Verena Bukal als „Der ernüchterte Donald Trump“ © Saarlänisches Staatstheater, Foto Kaufhold
Am Samstag ging die Premiere in der „Sparte vier“ des saarländischen Staatstheaters über die Bühne. Das 2017 beim Berliner Theatertreffen mit dem ersten Preis des Stückemarktes ausgezeichnete Dramolett bietet eine Mischung aus Satire und Groteske – aber mit ernstem Hintergrund.
Der Autor bietet Science-Fiction pur und lässt Reizfiguren aus einer katastrophischen Welt mit abartig bis pervers naiven, angeberisch infantilen oder auch larmoyant aggressiven Ergüssen zu Wort kommen. Der Abend beginnt mit dem Auftritt des „fiesen Kinderchors“, eine Parodie auf Greta Thunberg und die Bewegung „Fridays for Future“: drei Protagonist*innen in weißen Blusen und Kniestrümpfen, schwarzen Röcken, Gilets, Masken, Brillen und Wollmützen mit Zöpfen, die sichtlich bewegt eine Weltkugel, eine Sonnenscheibe und ein Ufo auf die Bühne tragen. Das wirkt recht putzig, wird aber ernst, wenn dem UFO ein Alien entsteigt, das mahnende Worte an die Menschheit richtet. Aber dann geht die Post richtig ab: Verena Bukal legt die Maske ab, zieht eine Art Leibchen mit aufgenähter, überlanger roter Krawatte über und mimt Donald Trump aus der Zukunft. Der versichert, künftig ohne seinen Reichtum auszukommen, gibt sich betont bescheiden und sagt, dass er endlich keine Fehler mehr machen will. Aber großspurig, wie wir den abgewählten US Präsidenten kennen, erzählt er sogleich, dass er sich auf Weltreise begeben und sich in einen verstümmelten Matrosen verliebt hat, dem er einen Koffer mit einer Milliarde Dollar schenkt, ihn aber sogleich wieder verlässt. Größenwahnsinnig kauft er dann alle Waffen dieser Welt auf und schmilzt sie ein zu einem gewaltigen Metallberg als Kunstwerk, den der Künstler einem scheinbar interessierten Sammler schenkt, der daraus jedoch perfiderweise umgehend wieder Waffen schmiedet.
Der Wunsch, mit ihrem verpfuschten Vorleben radikal Schluss zu machen, eint alle Figuren, die Bonn Park in diesem Stück aufmarschieren lässt. Dümmlich naiv kommen Sie daher, aber immer noch beseelt von ihrem Nimbus und der Macht oder der Ausstrahlung, die sie früher einmal hatten. Neben Demut und geradezu anrührender Gutwilligkeit können Sie allerdings in ihrem Vortrag ihre bösartigen und fiesen Züge nicht verhehlen. Manches wirkt echt satirisch und provoziert vereinzelt Kichern im Publikum.
Maxime Mourot‘s mitreißende Inszenierung kommt mit wenigen eindrucksvollen Requisiten aus. Kati Stubbe (Bühnenbild und Kostüme) hat zwei graue, leicht verschmutzt wirkende trapezförmige Kästen geschaffen, die meist an den senkrechten Seiten zusammen geschoben sind, hinter denen sich die Protagonist*innen bisweilen verbergen, auch durch aufschiebbare Luken agieren. Zuweilen werden die Trapeze ein Stückweit auseinandergeschoben, um ein Podium zu bereiten für die Reden der Protagonist*innen.
Verena Bukal gibt in souveräner Manier nicht nur den „ernüchterten Trump“, sondern auch die „fette Heidi Klum“ mit dickem Plastikbusen, die frustriert auf ihr früheres Leben zurückblickt.
Laura Trapp als die „ traurige Angela Merkel“, die endlich die sympathisch langweilige Blässe der langjährigen Kanzlerin hinter sich lassen und mal richtig bösartig und gemein Macht ausüben will, bietet energisch agierend einen überzeugenden Auftritt. Auch als die „manisch depressive Kassandra“ aus der griechischen Mythologie, die wehmütig larmoyant ihren verpassten Gelegenheiten nachtrauert.
Als echtes Trumpf As erweist sich Sébastien Jacobi, der „mahnende Außerirdische“ zu Beginn des Stücks, vor allem aber als prollig, leicht blöde dampfplaudernder Diktator Kim Jong un, der seine mahnenden Geheimdienstleute durch vorgetäuschte Autounfälle routiniert aus dem Weg räumen lässt und nach Überwindung von allerhand Widerständen den südkoreanischen Präsidenten zwar trifft, von diesem eine gedruckste Abfuhr erfährt. Ein satirisches Glanzlicht schließlich ist Jacobis Auftritt mit der Giraffe als Stabpuppe, die das Publikum mithilfe ihrer beiden Assistentinnen in Paare aufteilen lässt und diese animiert, sich tief in die Augen schauen und zu küssen!
Lebhafter Beifall des coronabedingt überschaubaren Publikums für eine amüsante Vorstellung, bei der einem ob des ernsten Hintergrunds das Lachen im Halse stecken bleibe und gelungene Vorstellung, die vergnüglichen Diskussionsstoff bietet.
Kurt Bohr