Foto: Blick auf Westhoffen © Stephan Spach
Die Weinorte des nördlichen Teils der elsässischen Weinstraße sind weitaus weniger bekannt als diejenigen im Herzen der Route des Vins rund um Colmar. Schmiegen sich südlich von Straßburg schmucke Weinorte wie an einer Perlenschnur an die Ausläufer der Vogesen, sind weiter nördlich die Berge weit entfernt. Vom Eingangstor der Weinstraße in Marlenheim bis nach Molsheim durchschneidet die D 422 auf 12 Kilometern dieses kleine Weingebiet. Beide Gemeinden haben als touristische Zentren das Flair typisch elsässischer Weinorte mit Fachwerk und verwinkelten Gassen. Westlich der Straße liegen Westhoffen, Balbronn, Bergbieten und Traenheim. Östlich befinden sich Dörfer wie Dahlenheim, Ergersheim und Wolxheim, alles Orte mit ländlichem und landwirtschaftlichem Charme.
Hier gibt es großartige Böden. Eingebettet in eine sanfte Hügellandschaft thronen hier fünf Grand Crus. Klassifizierte Weinberge, die durch die Klasse ihres Terroirs zur 51-köpfigen elsässischen Elite gehören. Ertragsreduzierung und Beschränkung auf die Rebsorten Riesling, Pinot Gris, Muscat und Gewürztraminer sind die gesetzlichen Vorgaben für diese Spitzenweine. „Es ist kühler und niederschlagsreicher als im Südelsass. Die Weine sind überwiegend trockener als dort unten“, sagt Charles Brand. Der Winzer aus Ergersheim ist einer der Gründungsmitglieder der Couronne d’or. Die Association von 20 Weingütern promotet die Region mit Weinfesten und Veranstaltungen. Der Cave du Roi Dagobert in Traenheim und das Handelshaus Arthur Metz sind die größten Erzeuger.
Blicken wir auf die klassifizierten Lagen! Der Altenberg de Bergbieten ist seit über 1000 Jahren ein bekanntes, außergewöhnliches Terroir an einem Hügel zwischen Bergbieten und Traenheim. Die Besonderheit sind Tonmergel und Gipsuntergrund in Süd-Ost-Exposition. Für Julian Schmitt aus Bergbieten ist es die Mélange um Gips, das die Subtilität der Aromen und Mineralität sowie Persistenz im Mundgefühl ausmacht (Weintipp: Riesling Altenberg de Bergbieten 2020, 20 €). Die anderen Grands Crus, jeweils Quelle für elegante und komplexe Rieslingweine, sind die von Kalkmergelböden geprägten Engelberg in Dahlenheim, Bruderthal in Molsheim, Steinklotz in Marlenheim sowie der Altenberg in Wolxheim. Gastronomische Trümpfe sind einige „Fermes de Foie Gras“ wie Lucien Doriath in Soultz-les-Bains. Hier kann die elsässische Spezialität mit passenden Weinen probiert werden.
Westhoffen ist nicht nur ein malerischer Weinort, sondern die Kirsch-Hauptstadt des Elsasses mit dem Fête des Cerises Mitte Juni. Auf dem Fahrrad lässt sich die Region sehr schön entlang des Canal de la Bruche erkunden, der von Soultz-les-Bains bis Straßburg führt.
Empfehlenswerte, in Führern gelistete Weingüter sind Mélanie Pfister in Dahlenheim, Etienne Löw in Westhoffen, Roland Schmitt in Bergbieten, Frédéric Mochel und Charles Mueller, beide in Traenheim. Restauranttipp: Auberge „Lojekgucker“ de Traenheim mit einer großen Auswahl regionaler Weine zu klassischen elsässischen Gerichten.
Gerhard Rouget im OPUS Kulturmagazin Nr. 96 (Jan. / Feb. 2023)