Elina Brotherus, Mein Hund Ist Süßer Als Dein Hässliches Baby © VG Bild-Kunst, Bonn 2021
Mama ist ein Oktopus. Oder eine Riesenspinne mit Brüsten aus Glas. Bei Laure Prouvost wird die Mutter, die Frau, der wir alle das Leben verdanken, unsere Ernährerin und Beschützerin, zum Monster. Mit ihrer monumentalen Installation hat die französische Künstlerin das Aufmacher-Werk für eine anregende Themenschau in der Kunsthalle Mannheim geschaffen: „Mother“ lautet der Titel der prominent besetzten Ausstellung, die nachzeichnet, wie sich das Bild des weiblichen Elternteils über die Epochen gewandelt hat. Von der Madonna des Mittelalters bis zu Prouvosts neosurrealem Muttertier aus dem Jahr 2021 vereinigt der historische Brückenschlag religiöse, psychologische und soziale Perspektiven.
Eine besondere Aktualität erhält der von Hausherr Johan Holten kuratierte Parcours durch jüngste politische Bestrebungen in den USA oder Polen, Abtreibungsrechte zu beschneiden und all das abzuschaffen, wofür auch Künstlerinnen und Künstler gekämpft haben. Während Jeanne Mammens „Kindsmörderin“ oder Otto Dix‘ „Schwangere“ das materielle Elend, das oft mit (ungewollter) Mutterschaft verbunden ist, erklärt der Feminismus einer Tracey Emin die Verweigerung des Kinderkriegens zum Akt der Emanzipation. Elina Brotherus wiederum hat viele Jahre vergeblich versucht, schwanger zu werden. In einer Fotoserie dokumentiert sie die anstrengende und oft entwürdigende Tortur der künstlichen Befruchtung. Am Ende aber zeigt auch die finnische Künstlerin dem gesellschaftlichen Reproduktionsdruck, der auf Frauen ausgeübt wird, provokant den Mittelfinger.
Georg Leisten im OPUS Kulturmagazin Nr. 89 (Jan. / Feb. 2022)
Bis 6.2.