Foto: Luc Boentges © privat
In Luxembourg startet am 24. März eine neue klassische Radiowelle – als neues Gewächs des soziokulturellen Radios 100komma7. Leitender Redakteur der Welle ist Luc Boentges, der das Programm entwickelt hat. OPUS-Redakteur Friedrich Spangemacher hat mit ihm gesprochen
Friedrich Spangemacher: Warum eine neue Klassikwelle in Luxembourg ?
Luc Boentges: Die Klassik-Szene in Luxemburg ist sehr lebendig. Konzerte werden über das ganze Land verstreut organisiert, motivierte Musiker und Musikerinnen präsentieren regelmäßig spannende Programme und auch international erlangt die Szene eine immer größere Aufmerksamkeit. Dies geht Hand in Hand mit einer fortschreitenden Professionalisierung des Sektors. Dieser Dynamik möchte der Média de Service Public 100,7 gerecht werden, indem er der klassischen Musik mit opus 100,7 ein neues Zuhause bietet.
Dazu gehört, dass sich die Mission von radio 100,7 im Laufe seiner Geschichte verändert hat. In der Funktion als öffentlich-rechtlicher Rundfunks möchten wir ein möglichst breites Publikum ansprechen. Auch wenn die klassische Musik seit unseren Anfängen als sozio-kultureller Sender immer präsent war, bedeutete diese Entwicklung, dass ihr weniger Platz im Programm zuteil wurde. Da wir nun einerseits eine sehr aktive Musikszene haben und andererseits die technischen Möglichkeiten haben, der klassischen Musik eine neue Plattform zu bieten, haben wir uns entschieden opus 100,7 zu gründen.
Im Programm werden sämtliche Sendungen und Konzert-Mitschnitte aus dem Bereich der klassischen Musik übernommen, genauso wie die Nachrichtensendungen zur vollen Stunde. Darüber hinaus spielen wir Musik mit einem starken Fokus auf Produktionen aus Luxemburg.
Was ist die Zielgruppe dieser Welle ?
In erster Linie jeder, der gerne klassische Musik hört oder sie kennenlernen möchte. Darüber hinaus haben wir ein Zielpublikum auf Basis von Studien aus ganz verschiedenen Ländern definiert. Blendet man Ergebnisse aus, die auf einer nationalen Präferenz fußen – wie zum Beispiel die Vorliebe für heimische Komponisten –, stößt man auf immer wiederkehrende Resultate. Zum Beispiel, dass Hörer und Hörerinnen klassischer Musik häufig gerne lesen, dass ihnen eine Balance im Leben wichtig ist, oder dass sie auch ganz allgemein kulturinteressiert sind. All diese Erkenntnisse hatten einen Einfluss auf die Zusammenstellung des musikalischen Programms.
Werden die Hörer auch mit aktuellen Nachrichten versorgt?
Ja. Als öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist es uns wichtig, auch in einem vorwiegend auf Musik ausgelegten Programm eine Grundversorgung an Informationen zu bieten. Dazu gehören die Wettervorhersagen, die Verkehrsmeldungen und die verschiedenen Nachrichten-Formate zur vollen Stunde und zwischen sieben und neun Uhr morgens auch halbstündlich.
Welche klassische Musik ist zu hören?
Die Musik auf opus 100,7 soll Freude bereiten. Dementsprechend sind viele Stücke mit einem freundlichen Grundcharakter vertreten. Welche Musik genau zu hören ist, hängt von der Tageszeit ab. Am Morgen bieten wir verstärkt kürzere Stücke mit einem etwas höheren Tempo – viele davon aus dem Barock – am Abend liegt der Fokus dagegen auf ruhigeren, längeren Stücken. Im Notturno werden dann ganze Werke wie Sonaten oder Symphonien gespielt. An den Vormittagen des Wochenendes liegt der Fokus auf der Melodie. Hier werden viele populäre und auch bei Kindern beliebte Stücke gespielt, wie z.B. Ausschnitte aus dem Carneval der Tiere von Camille Saint-Saëns oder die Kleine Nachtmusik von Mozart.
Einer der Grundpfeiler der Musikprogrammation sind aktuelle Einspielungen. Über die Hälfte der Aufnahmen, die auf opus 100,7 gespielt werden, sind zwischen 2018 und heute entstanden.
Welche Rolle spielen regionale Künstler im Programm?
Da die Aktivität der regionalen Künstler und Künstlerinnen sehr hoch ist, ist es uns möglich ihnen einen großen Platz im Programm einzuräumen. Über 20% der Aufnahmen stammen von Luxemburger Musikerinnen oder Musikern mit einer starken Verankerung in der hiesigen Musikszene.
Schickt die Welle Ü-Wagen zu Konzerten/Festivals etc. ?
radio 100,7 hat 2022 85 Konzerte in Luxemburg aufgenommen und ausgestrahlt, sieben davon live aus der Philharmonie. Auch auf opus 100,7 werden die Mitschnitte und Live-Konzerte zu hören sein. Mittwochs um 20 Uhr stehen die Orchester Luxemburgs im Fokus (Orchestre Philharmonique de Luxembourg, Orchestre de Chambre du Luxembourg und Solistes Européens, Luxembourg). Im Mittagskonzert, Sonntags um 12 Uhr, präsentieren wir dann Solisten und Kammermusikalische Ensembles. Montags um 20 Uhr stehen Live-Mitschnitte von internationalen Orchestern im Mittelpunkt, die wir unseren Zuhörerinnen und Zuhörer als Mitglied der European Broadcasting Union anbieten können.
Gibt es Journalistisches zur Klassikszene – national und international ?
Ja. Zwischen Montag und Freitag jeweils um 14 Uhr greifen wir die Aktualität aus der klassischen Musik im Magazin „Resonanzen“ auf. Neben Album-Besprechungen und dem ein oder anderen Blick auf die internationalen Klassik-News sind hier vor allem Projekte aus Luxemburg und der Großregion Thema.
Wie kann man die Welle empfangen?
Bei opus 100,7 ist der Empfang in seiner ersten Phase nur online möglich. Entweder über ein Internetradio, oder über die Seite www.opus.radio. Wir fangen sozusagen „klein“ an und bauen opus 100,7 dann nach und nach aus. Auch wenn das angestrebte Live-Programm nicht dem Umfang von radio 100,7 entsprechen kann, so möchten wir in Zukunft doch ein eigenständiges Programm anbieten. Dieses soll dann auch über DAB+, als digitales Radio ausgestahlt werden, sobald die nötige Infrastruktur in Luxemburg aufgebaut wurde.
Das Interview führte Friedrich Spangemacher