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Kritik: Orwells „Animal Farm“ am Theater Trier – „Warmabriss ist auch keine Lösung“

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Von Eva-Maria Reuther

Macht korrumpiert. Das Modell einer schönen neuen Welt, in der alle gleich sind, kippt um in das Terrorregime einer Diktatur. Mit einem politischen Bühnenstück eröffnet das Schauspiel am Theater Trier die neue Spielzeit. Als Eröffnungspremiere der Sparte hat der britische Regisseur Ryan McBryde jetzt George Orwells Klassiker „Animal Farm“ bearbeitet und inszeniert. Herausgekommen ist dabei allerdings kaum mehr als ein braves Lehrstück mit moralisierender Geste, das sich zieht. Worum es geht: Dem Tod nah ruft der Senior-Eber einer Farm, Old Major, seine Tier-Kollegen zum Aufstand gegen ihren Besitzer auf, den dekadenten Bauern Jones. Old Major hat eine Utopie namens Animalismus entwickelt, das Gesellschaftsmodell einer genossenschaftlichen Farm, die von den Tieren selbst bewirtschaftet wird und auf der alle Tiere gleich und gleichberechtigt sind (Marx und Lenin lassen grüßen). Der Umsturz gelingt. Der Bauer wird von der „Herren-Farm“ vertrieben.

Das Projekt läuft zunächst gut. Doch dann übernehmen die schlauen Schweine die Macht. Und nachdem der imposante Berkshire Eber Napoleon seinen Rivalen, den weißen Eber Snowball ausgeschaltet hat, errichten sie unter ihrem Vorsitzenden Napoleon eine korrupte Gewaltherrschaft mit dem üblichen Instrumentarium von Diktaturen, die schlimmer ist, als die einstige Schinderei unter dem Gutsherrn. „Vier Beine gut, zwei Beine schlecht“- wird Regel Nummer eins des „Animalismus“ zur Freund-Feind Formel verkürzt. Die wird pervertiert, als die Schweine mit ihren einstigen menschlichen Ausbeutern Geschäfte machen und am Ende selbst aufrecht auf zwei Beinen gehen. Mensch und Tier sind nicht mehr zu unterscheiden. George Orwells 80 Jahre alte Fabel „Animal Farm“ mit dem Untertitel „A Fairy Story“, ist eine Parabel auf die vom Volk getragene russischen Revolution von 1917, die schließlich in der grausamen Diktatur Stalins und ihren Säuberungen endete. Orwell selbst hatte als Freiwilliger bei der Arbeitermiliz im Spanischen Bürgerkrieg erlebt, wie Stalin treue Kommunisten so genannte sozialistische Linke denunzierten. Orwells Text ist aus gutem Grund ein Klassiker. Unabhängig von ihrem historischen Hintergrund bleibt seine Parabel bis heute hochaktuell, als zeitlose bissige Satire über die Mechanismen der Macht, über Korrumpierbarkeit und Opportunismus, über die Gefahr fehlender Bildung und die Manipulierbarkeit von Menschen durch Propaganda. Nicht zuletzt ist „Animal Farm“ eine Parabel darüber, was Ideen mit Menschen und ihrem Bewusstsein machen, und wie Ideen als Ideologe totalisiert werden. McBryde folgt im Großen und Ganzen Orwells Text und übernimmt auch seine Aufteilung in Kapitel. Dennoch entfernt er sich weit vom Original. Statt scharfsinniger Satire inszeniert er eine mit ein paar Merksätzen angereicherte Mischung aus Erzählung und szenischer Darstellung

im Schulfunk-Format. Dazu hat ihm Ausstatterin Jasmine Swan das variable Skelett eines Fachwerkbaus auf die Bühne gestellt, der Scheune wie Herrenhaus symbolisiert. Wenig originell sind McBrydes Bildfindungen und szenischen Einfälle. Mit dem meist trüben Licht (Lichtdesign Andreas Rehfeld), den grau und braunen Kostümen der tierischen Genossen sowie der szenischen Auflösung erinnert McBrydes Deutung an herkömmliche Brecht Inszenierungen früherer Jahre. (Dabei konnte der Orwell nicht mal leiden.)  Zum Brecht-Flair trägt auch die an der Rampe gesungene „Internationale“ des Animalismus bei: „Ihr Tiere hier und überall“. Wobei an der Rampe in geschlossener Front gesungene Animationslieder am Schauspiel Trier inzwischen eine gewisse Tradition haben. Erzähler ist der alte Esel Benjamin (Klaus-Michael Nix), bei Orwell ein ernüchterter Zyniker, bei McBryde ein in Ehren ergrauter Senior mit dem Duktus eines Märchenerzählers. Bildmächtige Szenen, so wie eingangs, wenn die geballte Macht der Tiere aus der Scheune ausbricht und auf ihren Peiniger Jones losgeht, sind selten. Selbst der Bau der Windmühle, dem Zeichen von Fortschritt und Freiheit wirkt farblos. Trotz der Spielfreude des Ensembles zieht sich die Inszenierung oft recht langatmig dahin. Da sorgen wenigstens ein paar choreografische Einlagen für frischen Schwung. Ohnehin legt McBryde mehr Wert auf Körpereinsatz, als auf sprachliche Finesse. Giovanni Rupp ist ein machtbewusster Napoleon. Seinen Gegner Snowball, (dem Stalins Widersacher Trotzki als Vorbild diente) stattet Joana Tscheinig mit viel Engagement und zu viel Pathos aus. Wenn sie die schöne neue Welt des Animalismus bürokratisiert und in Kommissionen und Ausschüssen durchorganisiert, wird es einen Moment wirklich satirisch und sogar tagesaktuell. Als Napoleons Chefpropagandist Quiekschnauz (bei Orwell ein schrilles Mastschwein namens Squealer) hinkt Harald Pilar von Pilchau, der auch als Old Major besetzt ist, wie Josef Goebbels durch die Szene. Wie schon der verniedlichenden deutschen Übersetzung seines Namens fehlt ihm aber alles hinterhältig Gefährliche oder Agitatorische. Gefährlich wirken hier nur die düsteren Hunde, die Napoleon als Geheimpolizei abgerichtet hat. Die menschlichen Zweibeiner sind an ihren riesigen Köpfen zu erkennen, die an die monumentalen Porträtbüsten kommunistischer Häuptlinge erinnern. Zum Ende entlarvt Orwell im Original herrlich die Trivialität von Macht und Gewalt.

Bei der finalen Dinner-Party der Schweine für ihre menschlichen Geschäftspartner und neuen Freunde geraten Gastgeber und Gäste in Streit und werden handgreiflich. Die Ursache: Gast Mr. Pilkington und Hausherr Napoleon hatten beim anschließenden Kartenspiel gleichzeitig ein Pik-Ass ausgespielt. McBryde reicht das nicht. „Schweigen bedeutet schließlich Duldung“. Er lässt das Gutshaus am Ende von den aufgebrachten Tieren abfackeln. Da kann man nur sagen: Warmabriss ist auch keine Lösung.

Weitere Aufführungen: 17.10.,22.10.,8.11.,9.,16.,27.12., 19.30Uhr, 19.10.,16 Uhr, 26.10.,18 Uhr, theater-trier.de

Titelbild & Fotos: Theater Trier, Animal Farm © Foto: Theater Trier-Benjamin Westhoff

Filed Under: Allgemein, Kritik

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