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„Der Wähler allein zu Haus“ beleuchtet die Frustrationen der Wählerinnen und Wähler in den USA die sich von keinem einzigen Kandidaten angesprochen fühlen.
Die US-amerikanische Gesellschaft musste im vergangenen Monat zwei große – und enorm aufschlussreiche – Schocks verkraften.
Der eine war politischer Natur und wurde von den ersten Debatten der Demokraten ausgelöst: Es präsentierte sich eine Partei, deren führende Präsidentschaftskandidaten in einigen Kernthemen – Grenzen, Gesundheitssystem, Umgang mit illegalen Einwanderern – deutlich weiter links positioniert sind als viele Mainstream-Demokraten, von Unabhängigen und gemäßigten Republikanern, die eine Alternative zu Präsident Donald Trump suchen, ganz zu schweigen.
Der zweite große Schock war moralischer Natur und wurde von Trumps Anhängerschar auf einer Wahlkampfveranstaltung in North Carolina ausgelöst. Als Trump die Abgeordnete Ilhan Omar angriff, die aus Somalia eingewandert war, skandierten Teile des Publikums „Send her back!“, „Schickt sie zurück!“
Wer auch immer diese Worte brüllte oder später rationale Erklärungen für ein solches Verhalten suchte, sollte sich ebenso schämen wie Trump, der dem Sprechchor dreizehn Sekunden lang den nötigen Raum gab, in der Halle und anschließend im gesamten Land nachzuhallen. Das war unamerikanisch. Die Szene erinnerte an eine faschistische Wochenschau im Deutschland oder Italien der 1930er Jahre.
Meine Ansichten sind kein Brei. Sie entspringen nur einfach einem anderen Politikverständnis.
Diese beiden Schocks liefern eine Erklärung für das Ergebnis einer neuen Umfrage, nach der sich eine erkleckliche Anzahl von Wählerinnen und Wählern von keinem Kandidaten angesprochen fühlt. Diese Wählergruppe wird – häufig mit spöttischem Unterton – als „Anhänger der Mitte“ oder „Gemäßigte“ bezeichnet.
Ich ordne mich dieser Gruppe zu, würde mich aber selbst nicht in der „Mitte“ positionieren. Ein solches Etikett assoziiert einen Brei von Ansichten irgendwo zwischen den beiden klar definierten Polen Links und Rechts. Meine Ansichten sind kein Brei. Sie entspringen nur einfach einem anderen Politikverständnis.
Jahrzehntelang wurde in den USA – und in vielen anderen industrialisierten Demokratien – Politik über das immer gleiche Raster binärer Links-Rechts-Alternativen definiert: Kapital oder Arbeit, viel Staat oder wenig Staat, offen für Handel und Einwanderung oder nicht, „Umwelt“ vor Wachstum und neue soziale Normen wie gleichgeschlechtliche Ehe oder eben nicht.
Wer der einen oder anderen Partei nahestand, konnte – oder sollte – die entsprechenden Kästchen ankreuzen.
Die beschleunigte Entwicklung des Klimawandels, der Technologie und der Globalisierung machen ein Regieren anhand dieser Checkliste aber hinfällig. Für diese Ära braucht es einen anderen Ansatz, besonders treffend formuliert von Linton Wells, Verteidigungsbeobachter und Resilienzexperte. Wells zufolge sollte man auf der Suche nach Lösungen für die gravierenden Probleme von heute „nie den Tellerrand als Grenze begreifen und nie über den Tellerrand hinausblicken, sondern beim Denken den Teller ganz weglassen“. Heather McGowan, die sich auf die Zukunft der Arbeit spezialisiert hat, formuliert es so: Die Beschleunigungen im Klimawandel, in der technologischen Entwicklung und bei der Globalisierung hängen so eng zusammen, dass unser „altes zweidimensionales Raster mit den binären Alternativen von Links und Rechts dafür nicht mehr ausreicht. Wir brauchen komplexere dreidimensionale politische Instrumente und Lösungen.“
Echte Lösungen erfordern einen linken Schraubenschlüssel und einen rechten Hammer und alle möglichen neuen Werkzeuge und Kombinationen, die wir uns früher nicht vorstellen konnten.
Ich meine, die Wählerschaft ahnt das intuitiv, doch ihre Welt verändert sich, und nur wenige Politiker helfen ihnen bei der Orientierung.
Trump warf einfach alle Komplexität über Bord und stürzte sich einseitig auf den Rassismus, um seine Basis auszubauen. Demokratische Kandidatinnen und Kandidaten sind seriöser, folgen jedoch, um die Vorwahlen zu gewinnen, der alten binären Checkliste. Dabei erfordern echte Lösungen einen linken Schraubenschlüssel und einen rechten Hammer und alle möglichen neuen Werkzeuge und Kombinationen, die wir uns früher nicht vorstellen konnten.
Wollen wir beispielsweise die Migrationsflut an der Südgrenze eindämmen, müssen wir die Triebkräfte dieser Migration verstehen. Das sind extreme Wetterverhältnisse – besonders Dürreperioden, die Nahrungsengpässe nach sich ziehen –, unzulängliches staatliches Handeln, Bandenkriege und die Drogenabhängigkeit in den USA. All diese Faktoren destabilisieren schwache mittelamerikanische Staaten. ……
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