Andreas Mühe, Biorobot IV II, 2020, aus der Serie „Tschernobyl“, chromogener Farbabzug, 140 x 110 cm © Andreas Mühe, VG Bild-Kunst Bonn, 2022
Seit einer Weile macht Andreas Mühe mit Fotokunst von sich reden, in der er gesellschaftliche und politische Identität am Beispiel der komplexen Geschichte seiner eigenen Schauspielerfamilie reflektiert und damit zugleich aus deren Schatten heraustritt. Unter dem Titel „Stories of Conflict“ stellt er seine Aufnahmen jetzt im Frankfurter Städel Museum aus. Eines der Exponate bereichert seit kurzem den etwa 5.000 Positionen umfassenden Fotografie-Bestand des Hauses: „Unterm Baum“ stammt aus dem Jahr 2008 und zeigt Angela Merkel in der Natur. Mühe hat die einstige Kanzlerin auf vielen ihrer Reisen begleitet. Anders als in den Reportage-Fotografien, die dabei entstanden, hat er diese hochästhetische Komposition aber inszeniert wie ein altmeisterliches Landschaftsbild. Ähnlich verhält es sich auch mit den anderen Aufnahmen dieser kompakten Schau, deren Lichtregie an Caravaggio denken lässt und im abgedunkelten Vorraum zur Sammlung der Moderne umso dramatischer wirkt. Neben der – bisweilen von Mühes Mutter gedoubelten – Kanzlerin zeigen die Werkserien einstige Häuser des SED-Führungspersonals oder, unter dem Titel „Biorobots II“, weiß vermummte Menschen, die aussehen wie Science-Fiction-Helden, tatsächlich aber anspielen auf die Menschen, die nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl dort als Reinigungspersonal eingesetzt wurden.
Katinka Fischer im OPUS Kulturmagazin Nr. 91 (Mai / Juni 2022)
Bis 19.6.