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Die Roaring Twenties auf der Bühne

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„Der Große Gatsby“ im Saarländischen Staatstheater © Foto Astrid Karger

Die „Roaring Twenties“ sind en vogue. Der „Tanz auf dem Vulkan“, Sinnbild ebenso für die Weltwirtschaftskrise wie den Aufstieg von Nationalisten nicht nur in Deutschland, fasziniert aktuell Regisseure wie Kulturschaffende allenthalben. Ob im Fernsehen „Babylon Berlin“ oder andere Mehrteiler, der Blick auf diese und andere Zeitenwenden fasziniert, so auch im Saarländischen Staatstheater in Saarbrücken. Dort hatte die scheidende Schauspielchefin Bettina Bruinier sich ein Elixier durch eine Adaption von F. Scott Fitzgeralds Romanerfolg „Der große Gatsby“ erhofft, immerhin zweimal legendär verfilmt mit Robert Redford und Leonardo de Caprio.

Wesentliche Schützenhilfe versprach sich Bruinier von Rebekka Kricheldorfs Theaterfassung aus dem Jahr 2012. Der American Way of Life, der Traum vom Tellerwäscher zum Millionär ist bei ihrer kapitalismuskritischen Ansage schnell ausgeträumt, nüchtern analysiert sie den Zustand einer letztendlich sinnentleerten Welt vor den Toren der Metropole New York. Da verlieren selbst Gatsbys als legendär gehandelte Pool-Partys, denen er selbst fast immer fernbleibt, ihren Glamour und ihre Anziehungskraft. Kein Wunder, dass die elektrisiert-zuckende Party-Gesellschaft keine Magie und keinen Zauber entfaltet. Stattdessen stolpern die Akteure im genialen Rolltreppen-Bühnenbild von Volker Thiele übereinander und kommen letztlich immer wieder unten an. Sinnbildlicher kann man es nicht in den Fokus rücken. Schade hingegen, dass die Dialoge die Figuren weder emphatischer noch abstoßender machen. Warum dieser Gatsby (Sébastien Jacobi) ausgerechnet dieser kleinmädchenhaften, verheirateten Daisy (Verena Bukal) hinterherläuft, bleibt ein Geheimnis – warum ausgerechnet sie den schwulenfeindlichen, gewaltbereiten Tom (Jan Mutter) nicht längst verlassen hat, bleibt im Dunklen. So entwickelt sich an diesem Abend im Großen Haus vieles analytisch wie in einem Labor, man vermisst die Narrative aus dem gelebten Leben. Allenfalls Michael Wischniowski als Party-Szenen-Neuling Nick Carraway setzt mit seinem Spiel Kontrapunkte ebenso wie Laura Trapp als Jordan Baker, die es geschafft hat, als sich Profi-Golferin eine gewisse Unabhängigkeit zu sichern und die eine kühl-strahlende Gegenfigur verkörpert.

Schade, dass dieser Premieren-Abend trotz größter Anstrengungen nach einer fast zweijährigen Unterbrechungsphase so blutleer blieb.

Burkhard Jellonnek

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