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Aufstieg eines Karriereristen – Christoph Mehler inszeniert Klaus Manns Roman „Mephisto“

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Kritik von Burkhard Jellonnek, Bild: Für Wedekinds „Frühlingserwachen“ wird geprobt. Hendrik Höfgen (Verena Bukal) zeigt den Schauspielern Otto Ulrichs (Raimund Widra) und Hans Miklas (Lucas Janson), wie es geht. © Foto Saarländisches Staatstheater, Martin Sigmund

Ein Stück, das ein Zeichen setzen will: Der neue Schauspiel-Chef Christoph Mehler zeigt mit seiner eigenen Inszenierung Flagge: Klaus Manns lange Zeit wegen der Mißachtung von Persönlichkeitsrechten zumindest in der Adenauer-Republik gesperrter Roman „Mephisto“ kommt in der gerngenommenen und von Mehler nochmals überarbeiteten Bühnenfassung von Birgit Letze-Funke auf die Staatstheater-Bühne in Saarbrücken. Deren Vergangenheit als Geschenk Hitlers für das perfekte Abstimmungsverhalten der saarländischen Bevölkerung am 13. Januar 1935 schwingt immer mit. Denn Klaus Manns 1936 im Amsterdamer Quendo-Exil-Verlag veröffentlichter Roman über den aufstrebenden Theaterkünstler Hendrik Höfgen, der es als Günstling Hermann Görings es bis zum Generalintendanten des Berliner Staatstheaters brachte, wird heute trotz aller früheren Dementis Klaus Manns als Schlüsselroman über Gustav Gründgens gelesen. Schließlich bleibt Gustav Gründgens bis auf den heutigen Tag als einer der ganz Großen des deutschen Theaters unvergessen. Klaus Manns Werk beziffert den Preis der Bilderbuch-Karriere unter braunen Vorzeichen, schildert die Auseinandersetzung über die Verführbarkeit der Massen.

Was macht Mehler in Saarbrücken daraus? Seine Bühnenbildnerin und Videokünstlerin Nehle Balkhausen räumt die imposante Staatstheater-Bühne aus und stellt lediglich einen übergroßen Drahtverhau in das nackte Rund. Keine Hakenkreuzfahnen, keine Thorak-Skulpturen oder die von Hitler geliebten überdimensionierten Treppenlandschaften. Selbst die Hitlerjugend-Kinder tragen überzeitliche Uniformen. Und Hendrik Höfgens Bühnenpart wird verkörpert von Verena Bukal in einer Hosenrolle, wie man früher gesagt hätte. Nein, man vermisst den männlichen Part auf der Bühne nicht, die erfahrene Darstellerin aus dem Ensemble bleibt nichts schuldig. Beharrlich hangelt sie sich die durch sie verkörperte Bühnenfigur Höfgen mit seinen Liebschaften immer höher auf der Karriereleiter seiner Schauspielkunst. Seine erste Geliebte, mit der Tanzlehrerin teilt er der das erotische Verlangen nach Peitsche und Führung, opfert Höfgen aber später auf dem Altar seiner Karriere. Seinen langjährigen Künstlerkollegen mit kommunistischen Zielen, Otto Ulrichs, Raimund Widra zeigt ihn als versessenen Politstrategen, vermochte er nicht trotz mehrerer Fürsprachen bei seinem Protektor Herrmann Göring das Leben zu retten. Fabian Gröver zeigt Göring als nicht zu beeindruckenden Parteiführer, unerbittlich und durchdringend. Auch für Höfgen ist der Preis bei aller Karriere hoch. Binnen kürzester Zeit hat sich die freiheitsliebende, diskussionsversessene Weimarer Republik in eine gleichgeschaltete, vermeintliche Volksgemeinschaft verwandelt. Mit dem imposanten Auftritt eines völkischen Kinderschar, grandios choreographiert und stimmlich brillant einstudiert vom Kinderchor des Saarländischen Staatstheaters unter der Leitung von Larissa Eckstein, findet Mehler eine imposante Metapher für die Verführbarkeit der Massen. Was leider hinter diesen starken Bildern zurückbleibt, ist das Herausarbeiten der charismatischen Fähigkeiten Höfgens. In dieser Inszenierung kommt er wie ein „primus inter pares“ daher – die Strahlkraft und damit dass außergewöhnliche Extra dieses geschichtemachenden Mephistos geht diesem Abend leider ab.

 

Filed Under: Allgemein, Kritik

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