
Ob goldverzierte Prunkschalen, ein Schuh als Trinkgefäß oder ein »römisches Taschenmesser«
– die Sonderausstellung »Auf
Vom fürstlichen Service zur industriellen Massenware
Mit aufwendigen Banketten und exquisitem Tafelschmuck zelebrierten die Fürstenhäuser Europas ihre Macht und vertrieben sich luxuriös die Zeit. Zur römischen Kaiserzeit lagen die Gäste noch zu Tische und aßen vornehm mit einer Hand. Bis ins 18. Jahrhundert hatte man durchaus sein persönliches Besteck dabei – nicht selten kuriose oder kostbare Unikate. Im Barock verschmolz das zeremonielle Tafelgeschehen mit der Architektur zum Gesamtkunstwerk. Es kamen einheitliche Tafelservice in Mode, die mit der Industrialisierung schließlich zur gehobenen Massenware wurden.
Über die Zeit verfeinerten sich nicht nur die Essgeräte und Manieren bei Adel und aufstrebendem Bürgertum. Wildbret, Geflügel und Fisch, raffinierte Pasteten und Konfekt waren Bestandteil üppiger Mahlzeiten, deren Rezepturen und Opulenz uns heute in Erstaunen versetzen. Handel, Eroberungszüge und Migrationsprozesse bereicherten die Speisezettel mit exotischen Früchten und Gewürzen und veränderten über die Jahrtausende Sitten und Gebräuche.
Auch das Berufskolleg für Design, Schmuck und Gerät der Goldschmiedeschule Pforzheim hat sich mit dem Thema »Aufgetischt« auseinandergesetzt. Die 25 Schülerinnen und Schüler des ersten Ausbildungsjahrs haben kunstvolle Objekte geschaffen, die das Thema auf individuelle Weise interpretieren.
Der Ethnologe Andreas Volz, Co-Kurator der ethnografischen Objekte der Schau und ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet, beleuchtet die Migrationsgeschichte der Nahrungsmittel selbst: Wie sind Kakao, Tee oder Kaffee nach Europa gelangt? Was wurde als Heilmittel angesehen, und wie beeinflusste Kolonialhandel unsere heutigen Vorlieben?
Interaktive Angebote
Die Besucher erwartet ein virtuell gedeckter Tisch, der verschiedene Aspekte zu Geschmack und Gestaltung, Ritualen und sozialen Praktiken rund ums Essen veranschaulicht. Dieses »Tischlein deck dich« wurde ermöglicht durch die Werner Wild Stiftung Pforzheim. Zudem sind Besucher eingeladen, ihre Lieblingsrezepte
auszutauschen und Nahrungsmittel zu enträtseln.
Im Innenhof des Reuchlinhauses steht während der Ausstellungsdauer ein Hochbeet für ein Projekt zu Urban Gardening. Für Kitas und Grundschulen bietet die Museumspädagogin und Künstlerin Antia Plein Führungen und Workshops an, für Erwachsene gibt es Vorträge – und zum Abschluss ein Butterbrotfest, an dem die eigenen Kräuter geerntet werden. Dieses Projekt wird von Jakob + Rosa Esslinger Stiftung, dem Förderverein ISSP sowie dem Grünflächen- und Tiefbauamt der Stadt Pforzheim gefördert.
Die Ausstellung unter der Gesamtleitung von Museumsleiterin Friederike Zobel wurde von Katja Poljanac konzipiert und kuratiert. Als Co-Kuratoren haben Isabel Schmidt-Mappes und Andreas Volz mitgewirkt.
Publikation und Veranstaltungsprogramm
Begleitend findet ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm statt. Bei Arnoldsche Art Publishers ist ein delikater Prachtband erschienen, der für 38 € erhältlich ist.
Eintritt 10 €, ermäßigt 8,50 €, Kombiticket Dauer-/Sonderausstellung 12,50 €
Titelbild: Teeverkostung © Elisabeth Zimmer
Foto: Schale in der Form eines Heilbutts Holz, geschnitzt und bemalt Clifford George, Nuu-Chah-Nulth-Künstler, Vancouver Island, 1996–2000 © Melanie Meier


