Bild: Der künftige Trierer Co-Intendant Lajos Wenzel © Benjamin Westhof
von Eva-Maria Reuther
Das Theater Trier wird künftig von einer Doppelspitze geführt. Ab der Spielzeit 2023/24 wird Lajos Wenzel als zweiter gleichberechtigter inszenierender Intendant gemeinsam mit dem amtierenden Theaterchef Manfred Langner die Geschicke des Hauses lenken. In der Nachfolge des scheidenden Operndirektors Jean-Claude Berutti will sich Wenzel um das Musiktheater kümmern, sowie um das Kinder-und Jugendtheater. Gerade für letzteres verfügt der künftige Co-Intendant über eine ausgezeichnete Expertise. Derzeit ist Wenzel noch amtierender Intendant der Landesbühne Rheinland-Pfalz, die ihren Sitz im Schlosstheater Neuwied hat. Schon jetzt ist er allerdings regelmäßig vor Ort in Trier, wo die neue Spielzeit mit Hochdruck vorbereitet wird, so wie heute.
Im schwarzen Jackett und ebensolchem Rollkragenpullover, der Arbeitskleidung der Kulturschaffenden, sitzt er im Intendanten-Büro. Wenzel ist ein zugewandter, wacher Gesprächspartner, der eine klare Vorstellung davon hat, wo er hin will. „Mein Anliegen ist es, als Theater die ganze Stadtgesellschaft zu repräsentieren und auch Menschen anzusprechen, die bis dahin noch nicht den Weg ins Theater gefunden haben“, erklärt der designierte Theaterchef. Nach Trier kommt Wenzel aus einem auf die Schauspielsparte begrenzten Haus ohne festes Ensemble. Gewiss sei der Wechsel in ein Dreispartenhaus mit Ensemble eine Herausforderung, räumt er ein. Allerdings auch eine spannende Möglichkeit, auf künstlerische Entwicklungen zu reagieren, sich als Team kennenzulernen und vorausschauend zu planen. Auf Bühnen wie der Trierer beginnt man seine Theaterlaufbahn.
Für die Häuser selbst ist der künstlerische Nachwuchs die Frischzelle, die neue Impulse, Ideen und Risikofreude mitbringt. Eine Mischung aus jungen Talenten und erfahrenen Künstlern ist für Wenzel der Idealfall. Herausforderungen hat sich der 1979 geborenen Theatermacher im übrigen seit jeher gestellt. Nach einer Fotografenlehre absolvierte er seine Schauspielausbildung an der Schauspielschule Charlottenburg in Berlin und war anschließend an mehreren deutschen Bühnen engagiert, sowie beim Tournee-Theater Landgraf. Wenzel sammelte Erfahrung als Regisseur und betätigte sich als Autor. Von 2008 bis 2012 gestaltete Wenzel als künstlerischer Leiter das Programm der Kammeroper Köln. Ausgesprochen erfolgreich arbeitete er von 2012 bis 2017 als stellvertretender Intendant des renommierten Jungen Theaters Bonn. Der Nachwuchs im Theatersaal bleibt für ihn ein zentrales Anliegen. „Wir müssen unser junges Publikum als Gegenwartspublikum ernst nehmen“.
Auf den Brettern, die die Welt bedeuten wird verhandelt, was die Welt bewegt. Auch der künftige Trierer Intendant will der Zeit auf den Zahn fühlen. „Ich möchte im Theater die Fragen stellen, die ich für gesellschaftlich wichtig finde“, sagt Wenzel. Themen sind für ihn eine lebenswerte Welt, die Bewahrung der Schöpfung oder der Erhalt der Demokratie, aber auch die Folgen gesellschaftlicher Verunsicherung. Auch als Mutmacher sieht der Intendant das Theater: „Ich finde, in diesen Zeiten muss das Theater auch Hoffnung spenden“. Dabei müssen für den Theatermacher Form und Inhalt zusammengehen. „Mein Anspruch an Theater ist, dass sich die Form am Inhalt orientieren soll, wenn wir eine starke Geschichte erzählen“. Auch Experimentelles will Wenzel im angemessenen Rahmen zulassen. „Kunst kann ja manchmal nur da entstehen, wo sie auch die Möglichkeit hat zu scheitern“, so der Intendant.
Derzeit wird das Theater von schweren Krisen erschüttert. Es geht um überholte Machtstrukturen und Machtmissbrauch, um Sexismus und Rassismus am Theater. So kontrovers die Positionen sein mögen, für Wenzel ist klar, dass das Theater im Betrieb leben muss, was es auf der Bühne einfordert. Hoffnung hat das Trierer Theater fraglos selbst nötig, angesichts der anstehenden Sanierung. „Das ist für alle Beteiligten eine große Aufgabe“, erklärt der kommende Co-Intendant. Eine wichtige Arbeitserleichterung bilden da für ihn die neuen großzügigen Werkstätten auf dem Grüneberg und das geplante Probezentrum dort. Dass das Theater die Welt nicht retten kann, ist auch Lajos Wenzel klar. Aber es könne zumindest Impulse geben.
Eva-Maria Reuther