Vor dem prächtigen Blumenschmuck des Parks das vereinte Liebespaar Norina (Ljudmila Lukaichuk) und Ernesto (Sung Min Song) © Martin Kaufhold
Das ist klassischer Stoff einer Opera buffa. Gaetano Donizetti und Giovanni Ruffini haben mit ihrem Libretto einen echten „Kracher“ gelandet, der am 8. Oktober beim Saarländischen Staatstheater über die Bühne ging. Ein alternder Lüstling, von der Regisseurin Susanne Lietzow und ihrer Kostümbildnerin Jasna Bošniak als überaus fettwanstiger Buffone ausstaffiert, möchte seinem erbberechtigten Neffen ein Schnippchen schlagen, weil dieser die nicht standesgemäße Norina ehelichen will. So entschließt er sich, ein junges Weib zur Frau nehmen, um im Alter noch einmal den Wonnen der Jugend zu frönen.
Dabei vertraut er sich zu seinem Verderben ausgerechnet dem Doktor Malatesta an, einem ausgekochten Intriganten, geradezu genial verkörpert von Max Dollinger, der auch gesanglich zu brillieren weiß. Malatesta vermittelt ihm, ohne ihre wahre Identität als Norina zu offenbaren, seine Schwester als Gattin, die ihre anfangs glänzend geheuchelte Scheu und Zurückhaltung nach Unterzeichnung des Ehevertrages rasch ablegt und das Kommando in dieser Pseudo-Beziehung eindrucksvoll übernimmt. Sie verprasst das Geld des Ehegatten in vollen Zügen. Der rauft sich schier die Haare ob der eingehenden fetten Rechnungen.
Sie treibt ihn in die Eifersucht, indem sie ihm gezielt einen von ihr verfassten Liebesbrief unterjubelt. Es kommt zu einem Show-down, in dem der betrogene Ehemann in Begleitung von Malatesta mit einer Flinte bewaffnet das im Liebesbrief angekündigte Stelldichein gewaltsam beenden will. Das geht gründlich schief, der bloßgestellte und gehörnte alte Lustmolch bleibt als begossener Pudel zurück und gibt vollkommen verstört seinen Segen zur Heirat seines Neffen Ernesto mit Norina.
Das Konzept der renommierten Regisseurin Susanne Lietzow mit grandiosem Bühnenbild (Aurel Lenfert) und – Don Pasquale ausgenommen – mit zurückhaltend gestalteten Kostümen und perfekter Personenführung ist in jeder Hinsicht überzeugend. Ein großer Elefant steht für das Getöse des imposanten Don Pasquale und seine Aufgeblasenheit, während ein prächtiger Tiger die Kraft, die Imposanz, den Mut und die Forschheit von Norina symbolisiert.
Was die ProtagonistInnen anlangt, darf man festhalten, dass sie alle gesanglich und darstellerisch eine makellose Leistung bieten. Simon Bailey, der einzige Gast des Abends, international erfahren und von enormer Spielfreude getrieben, bewegt sich trotz seiner Fettleibigkeit mit stupender Behändigkeit über die Bühne, weiß sogar mit turnerischen Einlagen aufzuwarten. Der Star des Abends ist wie so häufig auf der Saarbrücker Bühne Ludmila Lokaichuk, die den mannigfaltigen Anforderungen ihrer Intriganten Rolle und ihrer Durchtriebenheit und Forschheit geradezu ideal gerecht wird und stimmlich ein wunderbares Erlebnis bietet. Sing Min Dong steht ihr kaum nach. Mit seinem auch in der Höhe strahlenden Tenor vermag er höchst eindrucksvoll Trauer, Leiden aber auch Freude und Ergriffenheit auszudrücken.
Exzellent einstudiert hat wieder einmal Chordirektor Jaume Miranda den Opernchor, der sich geradezu tänzerisch-superb in das buffoneske Gesamtkonzept einfügt.
Nicht zu vergessen das Saarländischer Staatsorchester, das mit einer gewohnt glanzvollen Leistung aufwartet und diese spritzig elegante Musik Donizetti‘s unter der gekonnten Stabführung des ersten Kapellmeisters Justus Thorau aus dem Graben zaubert und dem Bühnengeschehen jederzeit den absolut passenden Rahmen gibt.
Auch Chanyang Choi, Mitglied der unlängst gegründeten Orchester Akademie von HFM und Staatstheater als Notar und Ethan Udovich als Don Pasquales Masseur und die zurückhaltend agierende Statisterie haben alles richtig gemacht.
Lang anhaltender Beifall des begeisterten Publikums war der Lohn für diesen gelungenen Theaterabend.
Kurt Bohr