Das Babylon Orchestra Berlin © Andreas Lang
Daniel Hope kommt mit einem Programm um den West-östlichen Divan von Goethe, Fazil Say, der türkische Klassik-Star, kommt mit Mozart und eigenen Kompositionen, die Atatürk feiern und kritisch mit der Unterdrückungspolitik Erdogans umgehen, und auch der Estnische Kammerchor kommt, dessen mystischer Ton an Musik von Arvo Pärt geschärft wurde … Die Musikfestspiele Saar 2022 mit dem Titel „Orientations“ haben sich, so Festivalleiter Bernhard Leonardy, dem Thema „Orient“ verschrieben. Aber viele Größen der Musik aus dem Vorderen Orient, aus Asien fehlen. Dabei kann man in Metz, in den Spielstätten Arsenal, Trinitaires und BAM erleben, wie lebendiger Austausch von Orient und Okzident auf höchstem Niveau gelingen kann. Da könnte man viel abschauen. Doch bei den Musikfestspielen Saar gibt es viele Klischees. Mozarts Janitscharenmusik, Saint-Saens ägyptische Inspirationen und Goethes 200 Jahre alter romantischer West-östlicher Divan: solche Orientbilder sind mitprägend für das Programm. Darin ist vieles fischen im eigenen Saft – sicher auch wegen der bescheidenen finanziellen Mitteln: Bernhard Leonardy dirigiert ein Friedenskonzert in der Neuberger Sportschule, in einem Saal „wie die Elbphilharmonie“ (sic: Leonardy). Leonardy spielt und dirigiert auch bei vier Pariser Gastkonzerten, u. a. am Denkmal für Pingusson, und er begleitet die israelische Sängerin Chen Reiss in ihrem Programm mit ladinischen Gesängen im Kloster Tholey. Vieles findet abseits der bekannten Konzertsäle überall im Saarland statt. So gastiert das Jerusalem Quartet in der Notkirche am 40er Grab. Und das Abschlusskonzert mit dem jungen Berliner Babylon Orchestra, einem Fusion-Weltmusikensemble mit orientalischen und europäischen Musikern, das der „Berliner Kurier“ ein „Wunderwerk der Weltmusik“ nannte, findet in einer Sporthalle im Hermann-Neuberger-Sportzentrum statt.
Friedrich Spangemacher im OPUS Kulturmagazin Nr. 91 (Mai / Juni 2022)
22.5. – 19.6.2022