
Saarbrücker Überzwerg-Produktion „Das Kind der Seehundfrau“ mit Carmen Seibel und Nicolas Bertholet. © Astrid Karger (Theater Überzwerg)
Erstmals Kinderoper mit „Das Kind der Seehundfrau“
von Burkhard Jellonnek
Soviel Herausforderungen waren selten! Die Saarbrücker Überzwerge beschreiten unter der neuen Intendantin Stephanie Rolser ungewohnte Wege. Erstmals stand mit dem Stück „Das Kind der Seehundfrau“ eine Kinderoper auf dem Spielplan und erstmals teilte man sich die Arbeit auf der Bühne in Kooperation mit dem Saarländischen Staatstheater. Denn neben Überzwerg-Ensemble-Mitglied Nicolas Bertholet sorgt Carmen Seibel für sängerischen Wohlklang, unterstützt durch jeweils drei Orchester-Mitglieder, die sich auch als Moderatoren in das Handlungsgeschehen einmischen.
Geschrieben wurde das märchenhafte Stück, das auf einer jahrhundertealten Sage aus dem Inuit-Kulturkreis der Ureinwohner Alaskas, Kanadas und der Insel Grönland fußt, von der Dramatikerin Sophie Kassies, die wiederum Schlagzeugerin Robyn Schulkowsky zur musikalischen Bearbeitung inspirierte. Viel Schlagwerk, aber auch die Geige untermalen die dramatische Geschichte eines er-eremitenhaft zurückgezogen lebenden Fischers, dessen stoisches Leben durch die Beobachtung eines nymphenhaften Tanzes der Seehundfrauen seine eingefahrenen Bahnen verlässt. Er raubt der nackten Seehundfrau ihr Fell und entwickelt damit ihre menschliche Existenz. Für sieben Jahre verspricht sie ihm diese Liebesbeziehung, gebiert ihm einen Sohn und fordert anschließend den Abschied in ihr früheres Leben ein. In Katharine Molitors einfühlsamer Inzenierung gelingt im beeindruckenden Bühnenbild von Faveola Kett der Wechsel zwischen der kargen insularen Welt des Fischers und der faszinierenden Welt der Meerestiere. Der imaginierte Bühnenraum wird übersetzt in einen faszinierenden Klangteppich, der die Stimmungslagen der ungleichen Protagonisten auf wundersame Weise illustriert. Auch wenn die jüngsten Theaterbesucher die ungewohnten, gesungenen Textpassagen wohl nicht immer verstanden haben, konnten sie doch die Dramatik des Geschehens nachvollziehen. Eine großartig umgesetztes Stück Neuland, dem man weitere Ausgaben auch in kommenden Spielzeiten wünscht.
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