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Prof. Edwin Kohl empfängt uns vor dem früheren Hauptsitz seines Unternehmens in Perl im Saarland. Wir gehen durch die Gänge eines Gebäudes, in dem seit 30 Jahren mit Sonne und Erdwärme geheizt wird. Als wir im Besprechungsraum eintreffen, erhaschen wir einen Blick auf das benachbarte Grundstück, wo ein Baugelände ausgehoben ist. Man sieht eine mittelgroße Fläche mit auf einer Säule aufgeständerten Sonnenkollektoren. Links daneben in einer Art Staffelung stehen zwei weitere Masten, gekrönt von Stahlrahmen, allesamt sind es „Solartracker“, wie Kohl später erklären wird. Neben diesen Masten liegen auf dem ausgehoben Baugrund auf einer größeren Fläche dünne Rohrleitungen.

Der Unternehmer erzählt, wie ihn bereits vor drei Jahrzehnten die Klimadiskussion motivierte, sein unternehmerisches Know-how mit technisch abgesicherten Erkenntnissen zu verbinden und ein neues, nachhaltiges Heizungssystem zu entwickeln.
Seit den ersten Veröffentlichungen des Club of Rome ist bekannt, dass die Menschheit mit ihrer ausbeuterischen Haltung gegenüber der Erde in stets steigendem Maße dazu beiträgt, das Leben auf unserem Planeten durch die zunehmende Aufwärmung unseres Planeten und Naturkatastrophen bislang unvorstellbaren Ausmaßes dauerhaft zu gefährden. Seitdem gab es eine Reihe von Weltklimakonferenzen, zahlreiche Konzeptideen und unzählige alarmistische Meldungen, Reden und Aktionen. Aber passiert ist eigentlich recht wenig. Was kann man tun?
Seit 1991 betreibt kohlpharma, das Unternehmen von Prof. Kohl, im Gebäude seines alten Firmensitzes eine emissionsfreie Wärmeversorgungsanlage zur Beheizung von 3400 m² an Räumen. Sie basiert auf einer innovativen Kombination bewährter Technologien zur Nutzung kostenloser, regenerativer Erdreichenergie und kostenloser Sonnenenergie. 1,4 m unter der Erdoberfläche wurden 1800 m² Erdwärmekollektoren verlegt. Es sind kostengünstige PE- Kunststoffleitungen die ein Glykol-Wasser-Gemisch führen, das dem Wärmekreislauf dient.
Auf dem Dach des Firmengebäudes befinden sich 34 m² Sonnenkollektoren, die die Sonnenwärme über Wärmetauscher in das Wasser in einen Pufferspeicher leiten, von wo aus das aufgeheizte Wasser in das Heizsystem des Gebäudes eingespeist wird (siehe Schaubild). Die dafür nicht benötigte überschüssige Sonnenenergie wird in das Erdspeichersystem geleitet.

Während der Heizperiode in Herbst und Winter entzieht die Wärmepumpe über Erdwärmekollektoren dem Erdreich Wärme und stellt die Heizungswärme in der Herbst- und Winterzeit, wenn die Sonneneinstrahlung nicht mehr ausreicht, um die erforderliche Heizenergie breitzustellen.
Das wirtschaftliche Ergebnis: In dem so mit Heizwärme sicher versorgten Firmengebäude liegen die Heizkosten (Stromkosten für Wärmepumpe und Pumpsystemsystem) bei rund 2,20 € netto pro Quadratmeter und Jahr (Stand: 2021), obendrein nahezu gänzlich ohne die bei Gas- oder Ölheizungen anfallenden Wartungskosten. Im Vergleich betragen die Jahreskosten von heizöl- oder erdgasbetriebenen Heizungen derzeit rund 10-20 Euro pro Quadratmeter.
Dieses bewährte Verfahren hat Prof. Kohl neuerdings wesentlich weiterentwickelt zum System „Null + Null“. Danach wird künftig Sonnenenergie durch sanfte Erwärmung des Erdreiches verstärkt im Boden gespeichert. So wird Heizenergie in ausreichendem Maße erzeugt und verfügbar gehalten, um auch Altbauten energetisch zu optimieren und kostengünstig zu bewirtschaften.
Das erste Projekt auf dieser neuen Basis entsteht auf dem benachbarten Grundstück, das wir bei Eintritt ins Besprechungszimmer sehen konnten. Zu den jetzt vorhandenen 1800 m² Erdwärmekollektoren kommen 890 m² hinzu, die durch 100 m² Sonnenkollektoren auf Masten („Solartracker“) ergänzt werden. Die dank ausgefeilter Technik optimierend steuerbaren Kollektoren folgen der jeweils intensivsten Sonneneinstrahlung. Die Innovation durch die Kombination von Erdleitungen und Solartrackern sichert ein so hohes Energieaufkommen, dass damit auch nicht isolierte Altbauten sicher beheizt werden können. Das ist geradezu genial, weil auf diese Weise denkmalgeschützte Altbauten vor Entstellung durch aufwändige Sanierung bewahrt werden.
Das ist ein echter technologischer und klimatologischer Durchbruch, weil durch eine deutlich erhöhte Nutzung der kostenlosen Sonnenenergie das Erdreich in 1,4 m Tiefe statt auf 12-13 °C künftig auf ca. 18 °C erwärmt werden kann. Zudem kann auch während der Heizperiode bei ausreichender Sonneneinstrahlung immer mal wieder Energie zur Erhöhung der Erdwärme im Erdreich genutzt werden. Und während nach der VDI-Richtlinie 4640 200 % der zu beheizenden Fläche als erforderlich für das Erdwärmekollektorensystem angegeben werden, kommt kohlpharma dank der „Null plus Null-Lösung“ mit 50 % der zu beheizenden Fläche aus.
Noch spannender wird es, wenn man berücksichtigt, dass – so wie der Erdwärme im Winter – im Sommer den Wohn- und Arbeitsräumen die Wärme über die Heiz-Kühl-Decken auf sanfte Art und Weise entzogen werden kann. Bei den zu erwartenden Hitzewellen ist das ein notwendiger Schritt .
Dabei ist es durch jüngste technische Entwicklungen sogar möglich geworden, den typischerweise zu beachtenden Taupunkt an sich abkühlenden Leitungen zu vermeiden und Kondenswasser- sowie Schimmelpilzbildung vorzubeugen.
Die Lebenserwartung der Erdwärmekollektoren beträgt beachtliche 75-100 Jahre, während die Erdwärmepumpen und die Sonnenkollektoren nach circa 25 Jahren gewechselt werden müssen. Erdwärmekollektoren können auch weitgehend in Eigenleistung verlegt werden, ebenso Sonnenkollektoren.
Bei Neubauprojekten von Einfamilienhäusern (160 m²) fallen Investitionskosten für Heizen und Kühlen von 40-60.000 € an, je nachdem wieviel Sonnen- und Erdwärmekollektorenfläche sowie Heiz- und Kühldeckenfläche eingesetzt wird. Bei Altbauten können die Kosten etwas höher liegen, wobei dann jedoch die hohen Sanierungskosten nicht anfallen, die bei herkömmlichen Heizsystemen empfohlen werden. Auf einen Vollwärmeschutz (Styroporverkleidung der Aussenfassade) kann und sollte verzichtet werden (Gefahr der Staunässe und Schimmelpilzbildung).
Die Investitionskosten können durch die Wertsteigerung der Immobilie und die eingesparten Energiekosten in ca. 12 Jahren amortisiert werden und das beste von allem: der gesamte Betrieb dieser Heizungsanlage ist absolut emissionsfrei.
Kurt Bohr