
Cover des Romans © Heyne-Verlag, München
von Ulrike Mohr
Davidwache 1947. Ida Rabe tritt als eine der ersten Frauen nach dem Krieg ihren Dienst bei der weiblichen Polizei in Hamburg an. Nach kurzer Ausbildung wird sie am ersten Arbeitstag mit einer Kollegin im Kellerbüro „abgestellt“ und bekommt zu spüren, wie ungeliebt weibliche Polizistinnen bei den männlichen Kollegen sind. Zuständig allein für Frauen und Kinder ermittelt Ida Rabe zunächst zufällig, dann hinter dem Rücken der Vorgesetzten an Überfällen auf Frauen im Außenbezirk Hamburgs. Die Frauen werden bei verbotenen Hamsterfahrten auf dem Land überfallen und vergewaltigt, es wird eine Tote gefunden und ein offensichtlich verängstigtes Mädchen aufgegriffen. Madlena kommt zunächst in ein Waisenhaus, Ida versucht ihre Familie zu finden. Einzig der Gerichtsmediziner Ares Konstantinos gibt ihr Rückendeckung und unterstützt sie.
Lea Stein führt ihre LeserInnen sehr vorsichtig und gut recherchiert durch ein dunkles Kapitel der deutschen Vergangenheit, auch Ida Rabe hat eine Geschichte, die sie einholt. Und auch die öffentliche Meinung zur Vergewaltigung von Frauen in der Nachkriegszeit zeigt die Autorin auf. Demnach waren Frauen für ihr Unglück selber verantwortlich und scheuten sich, das Erlebte offensichtlich zu machen.
Im vorliegenden ersten Band um die Ermittlerin Ida Rabe ist die Verschwiegenheit der Frauen eine Hürde, die genommen werden muss. Der jungen Polizistin gelingt es, zu den Frauen durchzudringen und ihr Vertrauen zu gewinnen.
Lea Stein ist das Pseudonym der Journalistin Kerstin Sgonina. Sie hat bereits mehrere Romane veröffentlicht. Sie lebte einige Jahre in Hamburg und arbeitete nach dem Abitur als Türsteherin und Barfrau. „Altes Leid“ ist ihr erster Kriminalroman und der Auftakt einer Reihe um eine der ersten deutschen Polizistinnen.
Lea Stein: Altes Leid. Heyne-Verlag. München 2023, 448 S., 16 €, ISBN: 978-3-453-42606-1